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Victor Dean ist tot. Die Polizei hält den Treppensturz des Werbetexters für einen Unfall, doch der Chef von "Pyms Werbedienst hat seine Zweifel. Er stellt kurz darauf Mr. Bredon als Ersatz für Dean ein. Der überaus charmante und gewitzte Bredon beweist fast aus dem Stand seine Qualitäten als Texter und Klatschtante. Sekretärinnen und Kollegen vertauen diesem Gentleman einfach alles an, was sie über den Toten und die Umstände seines Todes wissen. Niemals würden sie diesem immer freundlichen und meist etwas oberflächlich wirkenden jungen Mann zutrauen, etwas anderes zu sein, als er vorgibt. Doch in Wirklichkeit ist Mr. Bredon Lord Peter Wimsey. Der berühmt-berüchtigte Meisterdetektiv und Bruder von Gerald Wimsey, des Herzogs von Denver.
Bredon alias Wimsey ist einzig und allein als Werbetexter in die Agentur von Mr. Pym eingetreten, weil er herausfinden soll, ob Victor Dean die Treppe herunterfiel oder gestoßen wurde.
Spätestens nach einem zweiten "Unfall", bei dem ein weiterer Texter der Agentur vor eine U-Bahn stürzt, kann Lord Peter seinen Freund, Chefinspektor Charles Parker, überzeugen, dass es sich nicht um Unfälle, sondern um Morde handelt. Sogar die Möglichkeit, dass in "Pyms Werbedienst" ein florierender Rauschgiftring agiert, ist nicht mehr graue Theorie.
Der zehnte von elf "Lord Peter Wimsey Romanen" der britischen Autorin Dorothy L. Sayers ist ein perfekter Kriminalroman. Er entwickelt zahlreiche Handlungsstränge, wartet mit einem genialen, sympathischen und überaus witzigen Detektiv auf, vermittelt ein absolut stimmiges Bild einer Werbeagentur in den 20er Jahren des 20. Jahrhunderts und ist zudem auch noch höchst spannend und in einem wundervoll lebendigen, einzigartigen Stil geschrieben.
Dass Dorothy Sayers zehn Jahre ihr Brot in einer kleinen Werbeagentur verdiente, ehe sie sich nur auf das Schreiben konzentrierte, merkt man der Geschichte sehr schnell an. Jedes Detail ist stimmig, alles wirkt echt und "wie aus dem Leben gegriffen". Sogar heute noch, über siebzig Jahre nach seiner Entstehung, wirkt die Agentur modern und real.
Neben dem Realitätsbezug ist es aber vor allem der über ein Jahrzehnt entwickelte Charakters Lord Peter Wimseys, der fasziniert und fesselt. Sein Esprit, sein Wortwitz und sein ironisch-hintersinniger Ermittlungsstil lesen sich so kurzweilig wie spannend. Man muss diesen Gentleman einfach mögen.
Warum der Verlag ein Bild von Myrna Loy in ihrer legendären Rolle als Frau des "Thin Man", einer in den dreißiger und vierziger Jahren berühmten literarischen und cineastischen Figur, als Titelfoto auswählte, ist nicht zu ergründen. Es passt weder zeitlich noch inhaltlich zu diesem Roman. Auch das Vorwort von Elisabeth George ist, bei allem Wohlwollen gegenüber dieser berühmten Autorin, überflüssig. Es verfehlt seine Aufgabe als Einleitung oder Vorwort im Sinne einer Erläuterung des Kriminalromans und seiner Entstehungsgeschichte oder wenigstens im Hinblick auf die Autorin Dorothy L. Sayers. Es mag werbewirksam sein, diesen Namen auf den vorderen Einband zu drucken, sinnvoll erscheint es nicht.
Ein weiterer Punkt, der auffällt, ist, dass die bisherige Übersetzung von Otto Bayer in dieser neuen Ausgabe des Goldmann-Verlags nicht genutzt oder verwertet wird. Trotz der überragenden Kritiken, die dessen Arbeit grundsätzlich erhalten hat, findet sich hier eine Neuübersetzung durch Martin Esslin. Dies mag zwingende rechtliche Gründe haben, doch wirkt diese "moderne" Version im direkten Vergleich einiger Textstellen weniger prägnant.
Dieser Roman gehört mit zum Besten aus der Feder Dorothy L. Sayers und sollte jedem Krimifan sein Geld wert sein. Leichte Kritik am Layout und der Übersetzung vermögen den Eindruck, den dieser Roman zweifellos hinterlässt, nicht zu schmälern.