Cayce Pollard, dreißigjährige Marketing-Beraterin mit einem phänomenalen Gespür für Marken, Trends und Ikonen, stößt bei ihren Recherchen im Internet auf geheimnisvolle Filmclips: fragmentarische Bilder ohne rechten Sinn, die jedoch faszinieren und teilweise verstören. Die Clips sind längst Kult, weltweit fiebern zahllose User der neusten Ausgabe entgegen ... auch Cayce. Sie rätselt über die Bedeutung der Filmclips - und versucht bei einem Abstecher nach London herauszufinden, was es mit diesem Phänomen auf sich hat. Hat auch ihr derzeitiger Auftraggeber "Blue Ant" etwas mit der Sache zu tun? Und was ist aus Cayces Vater geworden, der angeblich beim World Trade Attentat am 11. September ums Leben kam?
William Gibson, der Kultautor, der Erfinder des Cyberpunk und Verfasser des unsterblichen "Neuromancer", hat einen neuen Roman geschrieben. Die Sensation dabei ist die Wahl der Zeitachse: "Mustererkennung" ist in der Gegenwart angesiedelt, im Hier und Jetzt. Damit nimmt Gibson Abstand von der Science Fiction ... aber nur scheinbar. Tatsächlich atmet auch "Pattern Recognition" (so der Originaltitel) auf jeder Seite den Geist seiner älteren SF-Romane. Alle Elemente sind auch hier enthalten: komplexe Verschwörungen, eine unkontrollierte Überwachung durch unkontrollierbare Netzwerke, ein durch die Technik zutiefst verunsicherter Mensch, der in einer immer komplizierteren Welt seinen Platz zu behaupten versucht. Rasant und messerscharf auch hier wieder die Sprache, der Tonfall, der Handlungsaufbau - und so fragt man sich, was Gibson dazu bewogen hat, sich mit diesem Roman der Gegenwart anzunähern. Die Antwort ist einfach: Nicht Gibson hat sich von der SF entfernt, sondern diese ist durch die neusten Entwicklungen des Internets und der Technik an die Gegenwart herangerückt. Wozu über K.I.s, Datenkuriere und futuristische Netzwerke schreiben, wenn schon heute die Computerarchitektur undurchschaubar und futuristisch erscheint, wenn schon heute Netzphänomene wie "Second Life" oder "lonelygirl15" die Fragen der Virtualität und der Authentizität von Bildern aufwerfen? Gibson hat die großen Themen, die er schon immer in seinen Büchern behandelte, nur konsequent zu Ende gedacht. Der Sprung in die Gegenwart ist sozusagen angewandte SF, ein Kommentar zum Jetzt und zum Morgen: hochbrisant, in seiner Aktualität erschreckend, bizarr allein durch das Wissen, dass die Irrfahrten der Heldin Cayce durch die Untiefen des Internets alles andere als fern von unserem Alltag sind. Sie sind nur einen Klick von uns entfernt.
Wer die optisch eher unschöne Hardcover-Ausgabe von Klett Cotta versäumt hat, sollte bei dieser Taschenbuchausgabe von dtv um so beherzter zugreifen. Ein aufwühlendes Buch, ein packender Thriller, ein Meisterwerk; Gibsons bestes Buch seit "Neuromancer" und einer der wichtigsten Gegenwartsromane der letzten fünf Jahre.