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Die Abschlussprüfungen sind vorbei, aber das Schuljahr geht noch ein paar Wochen weiter. Um die dreizehnjährigen Schülerinnen bis zum Ende des Trimesters sinnvoll zu beschäftigen, werden sie für zwei Wochen in ein heruntergekommenes Landschulheim in den Forest of Dean geschickt. Es könnte eine schöne Zeit für die Mädchen werden - und endet in einer Katastrophe. Denn statt Mädchenfreundschaft und Klassenzusammenhalt schaukeln sich in der kleinen Gruppe Hass, Selbsthass, Intrigen, Rivalität und Konkurrenzstreben immer weiter auf. Bis zur tödlichen Eskalation.
Äußerst präzise beschreibt die Autorin die unterschiedlichen Charaktere: Die rebellische Jules ist sich ihrer Mittelmäßigkeit schmerzhaft bewusst, überspielt sie mit Ruppigkeit, ersehnt sich aber nichts mehr als so zu sein wie die perfekte, bewunderte Caz. Denn Caz sieht fantastisch aus, hat die perfekte Figur, wirkt stets selbstsicher, hat bereits Erfahrungen mit Jungen, leuchtet beständig von innen heraus. Die sensible Hen hingegen ist zutiefst verunsichert, möchte nichts von sich preisgeben, hungert sich langsam zu Tode und verletzt sich selbst. Ali ist eine Einzelgängerin, die sich am liebsten mit einem Buch in die Natur zurückzieht und sich nach ernsthaften Gesprächen und der Flucht aus dem Schulalltag sehnt. Izzy schließlich ist der Sündenbock der Gruppe, der immer herangezogen wird, wenn man jemandem zum Hassen braucht - sie ist unbeliebt wegen ihrer merkwürdigen Art und wegen der zahlreichen, teilweise unappetitlichen Krankheiten, die sie mit Leidenschaft pflegt.
Wer dieses Buch liest, wird am Ende heilfroh sein, nie mehr dreizehn Jahre alt sein zu müssen. Gerne sehen Erwachsene die damalige Zeit einigermaßen verklärt, beschränken Probleme auf den ersten nicht ernst zu nehmenden Liebeskummer und stetige kichernde Albernheit. Die Autorin Bella Bathurst hat in ihrem Psychothriller jedoch alles zusammen gefasst, was man aus jener Zeit nur zu gerne vergessen hat: bohrender Neid auf die weiblichen Konkurrentinnen, Wut über die eigenen Unzulänglichkeiten, Hilflosigkeit angesichts der eigenen körperlichen Entwicklung und der eigenen wirren Gedanken. Der Originaltitel "Special" fängt die Motivation, besonders und anders als die anderen zu sein, besser ein als der deutsche Titel. Der Roman besitzt eine schleichende Düsternis, eine furchterregende Dynamik, die den Leser ahnen lässt, dass es ein schlimmes Ende geben muss. Die Ängste und Nöte der dreizehnjährigen Mädchen werden nicht verharmlost, werden nicht nett verpackt als typischer Entwicklungs- oder Jugendroman, aus denen es ja am Ende fast immer einen versöhnlichen Ausweg gibt - ganz im Gegenteil. Und wer ehrlich ist, der wird bei der Lektüre zugeben müssen: So wie im Roman beschrieben könnten sich die Dinge tatsächlich entwickeln. Dreizehn zu sein ist nicht unbedingt ein Spaß. Selbstfindung und Entwicklung sind teils verwirrend, teils anstrengend, teils grausam. Manchem Erwachsenen mit Kindern im gleichen Alter wird bei den Schilderungen ganz anders werden, verharmlosen sie doch nichts, sondern stellen die Mädchen, ihre Wünsche und Ziele schonungslos und ernsthaft dar. Dabei nutzt die Autorin stets den passenden Jargon, ohne dabei bemüht oder lächerlich zu wirken.
"Feindinnen" ist ein bedrückend reales und teils bitterböses Psychogramm einer Gruppe heranwachsender Mädchen, das mit fortschreitender Handlung immer beklemmender und unheilvoller wird. Kein Krimi, sondern ein Psychothriller, der aufgrund der Thematik nicht nur Erwachsene, sondern auch Jugendliche interessieren könnte, die die nötige Reife besitzen.