Gesamt |
|
Anspruch | |
Aufmachung | |
Brutalität | |
Gefühl | |
Humor | |
Spannung | |
Der junge Nelson besucht das Internat Burg Rosenstolz, eine Eliteschule für Hochbegabte. Selbst unter den kleinen Genies noch ein herausragend brillanter Kopf, bittet ihn Professor Winkeleisen eines Tages, einen Vortrag zum Thema Astrophysik zu halten. Um seine Nervosität unter Kontrolle zu bringen, sucht Nelson nach Zerstreuung, wo immer er sie finden kann. Dabei trifft er auf den mürrischen Hausmeister Kunkel, der beim Umgraben des Blumenbeets auf eine alte Münze gestoßen ist und dahinter einen Schülerstreich vermutet. Als Nelson dem verrosteten Geldstück jedoch seine volle Aufmerksamkeit schenkt, wittert der alte Saubermann gleich einen ganzen Schatz im Schulgarten. Nur widerwillig überlässt er Nelson die Münze und ein paar Scherben, die dieser zur genaueren Analyse mitnehmen und einem seiner Lehrer vorlegen möchte.
Nach seinem schweißtreibenden Vortragserlebnis weiht Nelson auch seine engsten Freunde in das Mysterium um die Münze - die sich als römischer Sesterz erwiesen hat - und die beiliegenden Scherben ein: den geschichtssüchtigen Luk, die schrille Judith und den Waisenjungen Levent. Besonders Levent ist bei Geheimnissen dieser Art der richtige Ansprechpartner, denn der türkischstämmige Schüler hat vor einigen Jahren eine Zeitmaschine konstruiert. Im Jahre 1227 wollte er bei der Fertigstellung der Burg Rosenstolz dabei sein - und geriet kurzerhand in die Fänge der Inquisition. Zwei Jahre später verfolgten Nelson, Judith und Luk die Spur des so plötzlich Verschwundenen und fanden in den Katakomben der Burg dabei die Zeitmaschine. Im dreizehnten Jahrhundert machten sie sich schließlich auf die Suche nach ihrem Mitschüler und retteten ihn im letzten Augenblick vor dem Scheiterhaufen. Im Nachhinein beschlossen die vier, die Zeitmaschine auch weiterhin geheim zu halten und vorerst keine weiteren Ausflüge in die Geschichte zu unternehmen.
Doch als ein eintausendachthundert Jahre alter Zahn gefunden wird, der allem Anschein nach mit den technischen Mitteln mindestens des frühen einundzwanzigsten Jahrhunderts behandelt wurde, erhärtet sich der Verdacht, dass es noch andere Zeitreisende gibt oder einmal geben wird. Kommen sie aus der Zukunft, haben sie womöglich sogar Levents Zeitmaschine - die Madonna - für ihre Reise benutzt. Und als zunehmend deutlicher wird, dass sie dabei in Schwierigkeiten gerieten, reift auch langsam der Beschluss, einen weiteren Abstecher in die Vergangenheit zu machen, in das Jahr 168 nach Christus. Doch Gefahren lauern nicht nur in der Vergangenheit, denn in der Gegenwart haben zwei ihrer Mitschüler die Freunde ins Visier genommen und kommen der Zeitmaschine gefährlich nahe ...
Mit "1227 - Verschollen im Mittelalter" legte Pete Smith seinen ersten Jugendroman vor - alles, was davor kam, kann allenfalls als Kinderbuch bezeichnet werden. Mit "168 - Verschollen in der Römerzeit" knüpft er an seinen gelungenen ersten Zeitreiseroman an und spinnt die Geschichte um Nelson und seine zeitreisenden Freunde gekonnt weiter. Dass dabei im Grunde dieselbe Thematik zum zweiten Mal aufgegriffen wird - unbekannte Seelenverwandte sind in der Vergangenheit gefangen und müssen gerettet werden -, fällt zum Glück kaum auf. Auch, dass die eigentliche Zeitreise erst im letzten Drittel des Buches stattfindet, fällt nicht negativ ins Gewicht. Im Gegenteil, Pete Smith gelingt es ziemlich gut, den Leser durch das Geschehen im 21. Jahrhundert zu fesseln und zu faszinieren. Denn entweder wirkt der "Wesley Crusher"-Effekt heute nicht mehr, oder es liegt tatsächlich allein an Smith' erzählerischem Geschick, dass die kleinen Superhirne bei ihm zu menschlichen Sympathieträgern geraten. Die Entwicklung ihrer Beziehungen untereinander und ihre detektivische Aufschlüsslung der Geschehnisse ist durchweg gelungen und weist kaum Längen auf.
Sehr geschickt teilt Smith seinen neuen Roman in drei etwa gleichgroße Teile auf. Der erste ist eine Art Vorgeschichte, in der der Boden für das weitere Geschehen bereitet wird: die gefundenen Artefakte aus der Römerzeit, die Erkenntnis um weitere Zeitreisende, die Beziehung zwischen Nelson und Judith und schließlich der absehbare Beschluss, den Dingen vor Ort auf den Grund zu gehen. Im zweiten Teil wechselt Smith beständig zwischen dem 21. und dem 2. Jahrhundert, wo wir auf Miriam und ihrem Bruder "Oceanus" treffen, der als Gladiator ums nackte Überleben kämpfen muss. Man weiß nicht wirklich, was hier vor sich geht, wer die beiden sind und wie sie in diese Lage gerieten, merkt aber, dass sich ihre Situation zusehends zuspitzt. Schon hier fällt auf, dass die Kapitel in der Römerzeit mit römischen Ziffern betitelt sind - eine nette Idee. Im dritten Teil kommt es zum spannenden Höhepunkt des Buches, wenn Nelson und Co. in der Antike landen und versuchen das Geschwisterpaar zu retten. Nicht nur macht die Reise in die Vergangenheit und die Interaktion zwischen den Menschen unserer Zeit und denen des alten Roms mindestens soviel Spaß wie im ersten Band mit den Mönchen des Mittelalters, auch bekommen es die Helden hier mit einigen gar nicht so altertümlichen Gegnern zu tun.
Was bleibt noch auszusetzen an einem wirklich gelungenen Jugendbuch? Vielleicht die vielen offenen Fragen, die bleiben, der moralische Zündstoff, den das Finale bietet - was natürlich auch positiv aufgefasst werden kann - und das erneut sehr überhastete Ende der Geschichte. Es wäre wirklich wünschenswert gewesen, ein bisschen mehr von Vincent und Miriam erfahren, und wie sie überhaupt an eine Zeitmaschine kamen - oder, wenn wir schon dabei sind, was eigentlich aus ihrer geworden ist. Doch womöglich werden diese Schwächen mit dem dritten und abschließenden Band der Reihe ja noch aufgehoben, wenn Pete Smith seine jungen Helden auf eine Reise in die Zukunft schickt, zur ersten bemannten Marsmission.
Fazit: Der zweite Zeitreiseroman um Nelson und seine Freunde übertrifft seinen bereits gelungenen Vorgänger noch. Abgefahrene Theorien zum Raumzeit-Kontinuum und schwarzen Löchern begeistern den Science-Fiction-Fan, fundierte historische Einlagen den Historiker. Ein witziges kleines Science-Fiction-Abenteuer für jedes Alter.