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Seltsam, Nimitz kann immer einschlafen, egal ob sie aufgeregt oder traurig, nachdenklich oder beschäftigt ist. Nur heute liegt sie wach. Doch ihr kommt eine prima Idee. Wenn sie Schafe zählt, wird sie bestimmt beim zehnten Schaf schon einnicken. Doch weit gefehlt. Sogar bei Einhundert ist sie noch hellwach. Und beim einhundertsiebenten Schaf fühlt sie sich noch kein bisschen müde.
Doch als sie auf das einhundertachte Schaf wartet, passiert nichts. Kein Schaf springt über ihr Bett. Es ist still und atemlos wartet Nimitz. Da gibt es plötzlich einen dumpfen Rums und einen kläglichen Laut. Vorsichtig steht Nimitz auf, verlässt ihr Bett und schaut hinter das hohe Bettvorderteil. Da liegt ein kleines, weißes Schaf auf dem Boden und blökt ganz traurig. Es hat den Sprung über das Bett nicht geschafft und wird ihn auch nie und nimmer schaffen. Aber jetzt können Nimitz, das einhundertachte Schaf, das einhundertneunte Schaf und alle anderen Schafe bis unendlich nicht einschlafen, obwohl sie doch alle so müde sind. Die Schafe und Nimitz schauen sich ratlos an. Was kann man nur unternehmen, um dem einhundertachten Schaf zu helfen?
Ayano Imai legt mit "Das 108. Schaf" ihr Debut vor. Das Bilderbuch ist von Außen betrachtet bereits außergewöhnlich. Einbandpapier und fester Einband scheinen aus sehr teurem, geriffeltem gelblichen Leinen zu bestehen. Die rote abgesetzte Schrift und der rote Rahmen sind lackartig und glänzen edel. Auch die Zahlen einiger auf dem Einband abgebildeter Schafe sind mit diesem roten Lack versehen. Der erste Eindruck bestätigt sich auf den Innenseiten. Das Papier ist sämtlich mit dieser Riffelung versehen und lässt sich mit Büttenpapier oder Leinendruck vergleichen und wirkt teuer und edel.
Auch der gewählte Zeichensatz ist einer kalligraphischen Schrift vergleichbar und passt hervorragend ins Bild. Die Zeichnungen, eigentlicher Mittelpunkt dieses Bilderbuches, sind - obwohl im ersten Augenblick fremdartig wirkend - sehr lieblich und zart und fallen dem Betrachter sofort ins Auge. Die Kinder lieben die kleine Nimitz und ihre vielen Schafe vom ersten Moment an und vertiefen sich nachdenklich in die Zeichnungen. Mit dünnem, federleicht wirkenden Bleistiftstrich und sanften Aquarellfarben verstärkt sich der asiatisch anmutende Stil der Autorin - dies kommt nicht von ungefähr, hat Frau Imai doch japanische Malerei studiert.
Ist man zum Ende der Geschichte gekommen, wartet noch eine besondere Überraschung auf die kleinen Betrachter. Ohne zuviel zu verraten ist die letzte Ausklappseite ein Highlight dieses sehr gelungenen Bilderbuches. Dieses neunundzwanzig mal siebenundachtzig Zentimeter große Bild ist einfach wundervoll.
Das Debut von Ayano Imai ist eines der schönsten Bilderbücher der letzten Jahre. Es ist fremdartig, seltsam irreal, traumhaft schön und sehr liebevoll gestaltet. Eine besondere Überraschung ist der in Anbetracht der Qualität des Papiers, des Layouts und des Formats sehr günstige Preis. So ist die Empfehlung ein Leichtes: Hier kann man nichts falsch machen.