Von der neuen Bürgerlichkeit hat inzwischen wohl jeder gehört oder gelesen. Konservative Thesen zu vertreten ist wieder in, an entsprechenden Büchern herrscht kein Mangel.
Doch wer sind sie eigentlich - die "neuen Spießer"? Und vor allem was wollen sie, was ist ihr gemeinsames Anliegen? Diese Fragen hat sich auch Christian Rickens, Wirtschaftswissenschaftler und Redakteur des "Manager Magazins", gestellt und ist ihnen in einem ebenso intelligenten wie humorvollen Buch auf den Grund gegangen.

Sein Buch "Die neuen Spießer - Von der fatalen Sehnsucht nach einer überholten Gesellschaft" liest sich spannend wie ein Roman und ist dennoch erstaunlich lehrreich. Selbst wer sich ganz davor in Sicherheit wähnte den neuen Konservativen und ihren kruden Thesen auf den Leim zu gehen, wird über die Erkenntnis staunen, dass ihre Thesen wirklich jeder Grundlage entbehren. Von den stellenweise polemischen Ausführungen Rickens’ sollte man sich dabei nicht abschrecken lassen, denn seine Argumente sind stets intelligent und schlüssig.
Rickens stellt fest, dass sich Denkmuster und Positionen der neuen Konservativen ähneln und stets wiederholen: der angebliche Werteverfall, die Ablehnung jeglicher Veränderung, die Diffamierung der sogenannten Unterschicht und das daraus abgeleitete Recht, sich in Privatangelegenheiten zu mischen. Anhand der "Lieblingsthemen" der neuen Spießer, wie dem demographischen Wandel oder dem Niedergang der Familie, zeigt der Autor auf, dass deren Argumentationsweise zugleich uralt und dennoch unhaltbar ist. Dies gelingt ihm bei sämtlichen Protagonisten der neuen Bürgerlichkeit, die in dieser Debatte zu Worte kamen (Peter Hahne, Frank Schirrmacher, Eva Herman und wie sie alle heißen), mögen sie sich in ihren Ansätzen oder im intellektuellen Niveau auch unterscheiden. Rickens öffnet dem Leser in jedem Kapitel aufs Neue die Augen und regt mit seinen Thesen und Vorschlägen zum Nachdenken an.

"Das System ist gut, also muss der Mensch schlecht sein, falls etwas nicht funktioniert", denkt der neue Spießer. Rickens kommt in seinem Buch zu einem grundsätzlich anderen Schluss: "Nicht die deutsche Gesellschaft ist erkrankt, sondern das politische System ist völlig überholt."