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"Die Macht der Karten" der Historikerin und Dozentin für Neuere und Neueste Geschichte an der TU Darmstadt, Ute Schneider, ist der Versuch, eine Geschichte der Kartografie vorzulegen. Der großformatige Band behandelt die Entwicklung der Karten vom Mittelalter bis heute.
Nach einer kurzen Einleitung beginnt Ute Schneider mit der Funktion von Karten als Wissensspeicher und Orientierungshilfe. In diesem Kapitel werden fünf Karten vorgestellt und beispielhaft erläutert. Im Anschluss daran behandelt die Autorin die Form mittelalterlicher Karten und deren Genese hin zum modernen winkel- oder flächentreuen Abbild. Dann wendet sie sich der Kartenproduktion zu und schildert erste Versuche, mehrere gleichartige Karten zu zeichnen, bis hin zu modernen Bildgebungsverfahren wie der digitalen Satellitenbildaufnahme. Dann wendet sie sich Atlanten zu und erläutert, wie es von den einzelnen Karten zu einem umfassenden Kartenwerk kommt.
"Innovationen in der Kartografie" behandelt mögliche Karten-Projektionen und neue Standardisierungen wie die heute noch gebräuchliche Mercatorprojektion sowie die Einführung eines Maßstabs und des metrischen Systems.
Ein weiteres Kapitel ist die Macht der Karten. Hier gibt die Autorin fundierte Auskunft über die Tatsache, dass "mental maps", also innere räumliche Vorstellungswelten, in die Kartenproduktion einflossen und heute noch einfließen. Weitere Kapitel sind den Grenzen, der Zensur in Karten und der Farbgebung gewidmet. Abschließend werden mittelalterliche Rahmungen von Karten dargestellt und eingeordnet.
Dieses Werk ist für Liebhaber mittelalterlicher Karten ein Fundus wunderschöner Beispiele. Zahlreiche Abbildungen faszinieren ob ihrer Detailtreue und der oft fantastischen Darstellung der Welt. Vor allem die wachsende Kenntnis der Kartografen und ihre zeichnerische Genauigkeit ist nachvollziehbar und anhand der Beispiele genauestens dokumentiert. Auch die Exkurse, die moderne Karten bieten, sind interessant und lehrreich. Viele Texte laden zu einem längeren Verweilen bei einzelnen Karten ein und bieten fundierte Kenntnisse für den Laien wie den Geografen.
Auffallend aber ist die unsystematische Anordnung und Gliederung dieses Buches. Zwar teilt die Autorin dieses Wissensgebiet in zahlreiche Kapitel, die für sich betrachtet durchaus ihren Sinn haben, sie vermag aber keinen Zusammenhang zwischen den Kapiteln herzustellen. So wirken die Karten in ihrer Abfolge völlig beliebig und weder eine zeitliche noch eine andere Abfolge ist erkennbar. Mittelalterliche Karten stehen neben Satellitenbildern, denen Steinkarten, alte Fragmente und wiederum mittelalterliche Karten folgen. Dies zieht sich durch den gesamten Band. Immer wieder wechseln die Qualität und Aussagekraft, die Genauigkeit und Unkenntnis der Kartografen und lassen den Betrachter etwas hilflos zurück. Folgt man nicht der Anordnung und den Kapiteln der Autorin, ist man rettungslos verloren, leider wird aber mit keinem Wort die Abfolge erklärt oder ihr Sinn hinterfragt.
So ergibt sich ein zwiespältiges Bild. Grandiose Karten, fantastische Beispiele und fesselnde, optisch und grafisch einmalige Abbildungen verführen zum Staunen und Betrachten, und die Druckqualität ist absolut einzigartig. Demgegenüber steht die chaotische Anordnung der einzelnen Karten und die zusammenhanglose Gliederung dieses Bandes. Für Liebhaber alter Karten und Drucke ist dieses Buch unbedingt zu empfehlen, zumal der Preis sehr günstig ist. Für Laien und Unkundige bieten der Text und die Gliederung keine Hilfestellung, sich diesem Gebiet zu nähern, und enttäuschen auf der ganzen Linie.