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Die vermutlich bekannteste Geschichte der Welt als Rockoper? Schon 1973 wurde das zweite abendfüllende Werk - nach "Joseph and the Amazing Technicolor Dreamcoat" - von Andrew Lloyd Webber und Tim Rice verfilmt, und "Jesus Christ Superstar" war zwar nie ein besonders großer Erfolg, hat aber unter Musicalfans Kultstatus, und das, obwohl dieses Musical keines ist, sondern mit "Tommy" von The Who das Genre der Rockopern bildet.
Ein Bus fährt durch die Wüste, gefüllt mit jungen Menschen und Requisiten. Mit wenigen Bühnenbildern spielen sie die Geschichte von Jesu Passion nach, allerdings mit Musik und aus der Hauptsicht von Judas Iskariot heraus. Der schwarze Judas - er gehört zu einer größeren Zahl von schwarzen Darstellern, Regisseur Norman Jewison und Texter Tim Rice wehren sich mit Händen und Füßen gegen einen Rassismusverdacht - ist auch so etwas wie der Erzähler der Geschichte.
Die Geschichte beginnt mit der Ankunft Jesu und seiner Jünger in Jerusalem. Die Pharisäer und Hohepriester sind schon in größter Sorge, man weiß nicht so recht, was man mit dem Phänomen dieses Zimmermanns machen soll. Um Jesus kümmert sich hauptsächlich Maria Magdalena, die mit "I dont know how to love him" einen der ganz großen Hits der Rockoper abbekommt. Als Jesus dann riesige Popularität erreicht, heckt Hohepriester Kaiphas einen fiesen Plan aus. Judas, der Jesus viel politischer sehen will, lässt sich auf den Plan ein, um seinen Boss unter Druck zu setzen. Was dabei rauskommt, ist das Christentum.
Die Mischung aus Aufführung und filmischen Mitteln entwickelt sehr schnell ihren ganz eigenen Charme. Das sind komplexe Choreographie, schlichte Kostüme - die irgendwo zwischen Flower-Power und Antike variieren und durch kleine Details alles zeigen, was perfekte zeitgemäße Kostüme nicht besser zeigen könnten - und dazu eine raue, manchmal ungeschliffene Musik, die so puristisch ist, dass sie absolut zeitlos bleibt. Nur ein paar wenige Kontraste werden musikalisch gesetzt, die "Hosanna"-Hymne bringt wunderweichen Chorkitsch herein, den Kaiphas so herrlich bissig kontern darf, und "Herods Song" ist eine klassische amerikanische Musicalnummer, hochironisch getanzt und im Text mit solchen Preziosen wie "Show to me that youre no fool, walk across my swimming pool".
Der Film ist wie eine Oper durchkomponiert, es gibt quasi keine echten Dialoge. Und da die Songtexte nun mal englisch sind und, Gott sei es gedankt, bisher noch niemand daran gedacht hat, eine deutsche Synchronisation zu erstellen, kann man den Sinn der Texte mitlesen, Untertitelspuren gibt es einige, hören muss man aber auf Englisch oder auf Französisch - na ja, wer es mag.
An Extras gibt es auf der DVD von Norman Jewison und Jesus-Darsteler Ted Neeley einen Audiokommentar und ein Interview mit Tim Rice, dem Texter, der unter den Musicaltextern dieser Welt eine Legende ist.
Jener Ted Neeley sieht aus wie Jesus, singt göttlich und spielt sich genauso die Seele aus dem Leib, wie das auch Carl Anderson als Judas oder Yvonne Elligman als Maria Magdalena tun - teilweise ein sehr expressiver Stil, der aber zu diesem außergewöhnlichen Film passt. Die Idee von Norman Jewison, den Film so anzugehen, wie man vielleicht auch eine Bühneninszenierung angegangen wäre, mit verschiedenen Anachronismen und einem Spiel im Spiel, ist ungewöhnlich, nimmt aber die Pflicht zur absoluten Illusion und findet so den Kern der Rockoper, die eh keine wirkliche Chance hätte, eine gute Illusion der Realität zu erzeugen - schließlich singt man ja nicht die ganze Zeit in der Realität, und die Musik dröhnt auch nicht die ganze Zeit.
Vielleicht einer der besten Musicalfilme aller Zeiten, wenn auch immer ein bisschen unterbewertet und gar nicht so bekannt - was natürlich auch an der, gerade für Andrew Lloyd Webber, ziemlich spröden Musik liegt. Ganz nebenbei gibt es zumindest aus fundamentalistisch christlicher Sicht auch ein paar Vorwürfe der Blasphemie - aber was sollte das für ein Film über Jesus sein, der die nicht abbekommt. Aber für jeden, der Filme mag, die ein bisschen abgedrehter sind, und die auch mal härtere Rockmusik abkönnen, ist dieser Jesus Christ ein Superstar.