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"Der Todeskuss der Sonja Blue" ist ein Klassiker unter den Horror-Vampirromanen und wurde 1989 im amerikanischen Original veröffentlicht. 1992 erschien die Geschichte von Nancy A. Collins erstmals in deutscher Sprache. Hier liegt nun die Neuauflage des Festa-Verlages vor, die von Martin Baresch neu übersetzt wurde.
Sonja Blue wacht in einer Irrenanstalt auf und ist extrem verwirrt. Sie steckt in einer Zwangsjacke und wurde unter Drogen gesetzt. Im Gegensatz zu den Zimmern der anderen Bewohner der Klinik befinden sich in ihrem keinerlei Möbel. Nichts außer der gepolsterten Wand und ihr selbst füllt den Raum. Der Wächter Hagerty traut sich bei seinem Rundgang kaum, in ihre Zelle zu blicken, denn die junge Frau ist ihm unheimlich. Seit sie da ist, leiden die anderen Insassen an ständigen Albträumen. Sie sehen die Frau aus Zimmer sieben. Selbst die, die Sonja nie wirklich begegnet sind, können sie beschreiben. Doch seinen Boss kümmert das nicht. Blue muss unter Verschluss gehalten werden, um mehr braucht sich niemand zu kümmern. Und die Arbeitsstelle ist zu wertvoll, um sich über diese Anweisung hinwegzusetzen. Hagerty hat die Frau selbst schon in verstörenden Visionen gesehen, darum hat er nun Angst, durch das kleine Fenster in ihre Zelle zu schauen. Zu Recht, denn was er erblickt, ist die Leiche eines anderen Wächters. Das Fenster nach draußen, das selbst von einem Rammbock nicht zu zerstören sein sollte, liegt in Trümmern und Blue ist verschwunden.
Monatelang hat sich die Vampirin gegen die Drogen zur Wehr gesetzt. Es hat lange gedauert, aber irgendwann konnten ihr die Medikamente nichts mehr anhaben. "Die Andere", ihr grausames Alter Ego, hat sich entfaltet und ihr auf blutige Weise geholfen, sich aus dieser Zelle zu befreien. Da Hagerty ihretwegen verfolgt wird, nimmt sie sich seiner an, denn sie würde nicht wollen, dass sie an seinem Tod schuld ist. Doch trotz ihres Schutzes wird er angegriffen und Blue nimmt den schwer Verletzten mit in ihr Versteck, um ihn zu versorgen. Allerdings hat er sie kämpfen sehen. Die Vampirin in ihr hat die Menschen buchstäblich zerfetzt, die Hagerty ans Leder wollten, dieser Anblick lässt ihn nicht mehr los. Er will das Geheimnis um dieses seltsame Wesen lösen. Er hat Angst vor Sonja, aber sie fasziniert ihn auch.
Im Laufe des Romans erfährt der Leser von verschiedenen Lebensabschnitten der blutrünstigen Vampirin. Geschaffen von einem der ganz starken Vampire, einem Noblen namens Morgan, hat sie unglaubliche Kräfte in sich. Allerdings war nicht geplant, dass sie überlebt, nachdem sie von ihm vergewaltigt wurde, darum beherbergt sie den Vampir-Dämon in ihrem lebendigen Körper, was sie zu einem einzigartigen Geschöpf unter den so genannten Pretendern macht. Nach ihrer Verwandlung lernt Blue, dass es mehr Wesen wie sie auf der Welt gibt. Oger, Seraphine, Dämonen und andere Gestalten, die sie noch vor kurzem für Hirngespinste gehalten hätte, leben mitten unter den Menschen.
"Der Todeskuss der Sonja Blue" ist der erste Roman um die einzigartige Vampirin. Zwar fällt es anfangs etwas schwer, in die Story einzusteigen, aber wenn man sich durch die ersten zwei Kapitel gekämpft hat, wird man mit einer weit verzweigten und vielschichtigen Geschichte belohnt. Der Roman spielt auf mehreren Ebenen: im Geist und in der realen Welt. Außerdem findet man sich in unterschiedlichen Zeiten wieder. Sonjas Umwandlung erlebt man erst nach mehreren Kapiteln, da diese als Erinnerung eingebaut wurde. Dadurch wirkt die Handlung aber unglaublich komplex und Collins erzeugt so eine außergewöhnlich dichte Atmosphäre.
Sämtliche Charaktere sind gut ausgearbeitet. Trotz der verschiedenen Schichten in den Persönlichkeiten hat man nie das Gefühl, dass der Roman unglaubwürdig ist. Im Gegenteil, Collins gelingt es mit diesem Kunstgriff, den Leser endgültig zu fesseln. Man macht sich mit Sonja gemeinsam auf die Suche nach ihrer Vergangenheit.
Die Sonja-Blue-Romane sind nichts für schwache Nerven. Hier fließt Blut in rauen Mengen und Kämpfe werden extrem blutrünstig ausgetragen. Würde es sich um einen Film handeln, wäre er nicht unter 18 Jahren freigegeben. Aber dieser Roman ist ein echter Klassiker der Vampirliteratur, den zu lesen sich lohnt. Allerdings sollte man schon etwas für Horror und Splatter übrig haben.