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 Ehrenhändel


Cover
Gesamt ++++-
Anspruch
Aufmachung
Brutalität
Leitbarkeit
Preis - Leistungs - Verhältnis
Spannung
"Ehrenhändel" ist eine Sammlung von fünf DSA-Kurzabenteuern, die allesamt im Mittelreich nach dem "Jahr des Feuers" spielen, also ab dem aventurischen Jahr 1029 BF. Das Mittelreich muss sich von der Schlacht um Gareth und diversen anderen Großereignissen erholen, und Almada stellt einen eigenen Kaiser, was gewisse Spannungen mit sich bringt. Der Band kommt parallel zur neuen Regionalbeschreibung "Herz des Reiches" heraus, die Garetien, Almada und die Kaiserstadt Gareth der aventurischen Gegenwart präsentiert, und nimmt sehr oft darauf Bezug.

Das erste Abenteuer, "Firun wählt" von Michael Masberg, spielt in der Goldenen Au. Die Helden begleiten Ritterin Kedia von Sturmfels zum Schloss Uilstein, wo Junker Marbos von Greifstein residiert. Dieser kann sich nicht entscheiden zwischen der jungen Kedia und der reichen Junkerin Wulfmin von Hirschfurten, denn beide umwerben ihn schon länger. Marbos überlässt die Wahl den Göttern: Die Konkurrentin, die bei einer Jagd dem Junker das imposantere Wild vorlegt, soll dessen Gemahlin werden. Ein rauschendes Adelsfest, dann kann die Jagd beginnen! Aber es wäre kein Abenteuer, wenn dort nicht jemand versuchen würde, den Göttern unter die Arme zu greifen ...
Dieses Abenteuer versucht, zwei sehr verschiedene Szenarien miteinander zu vermischen: Adelsgesellschaft und Horror. Das zu verknüpfen erfordert einen mehr als mittelmäßig erfahrenen Meister und am besten nicht allzu anspruchsvolle Spieler, denn die Ideen, die das Abenteuer hergibt, sind nicht sonderlich ausgefallen. Auf jeden Fall sollten die Spieler noch nie in der Dämonenbrache gewesen sein, ansonsten muss der Meister in diesem Abschnitt des Abenteuers sehr kreativ werden. Spaß haben kann man dennoch, da den Spielern viel Freiheit gelassen wird, um das Geschehen mit eigenen Ideen zu beeinflussen. Der Einstieg, der die Helden und die Ritterin zusammenführt, ist aber eher plump.
Insgesamt ein durchschnittliches Abenteuer mit einer etwas merkwürdigen Story, das viel Eigenregie von Meisterseite und kommunikationsfreudige Spieler erfordert. Dafür drei Sterne.

"Eine almadanische Tragödie" erleben die Spieler im zweiten Abenteuer, das von Matthias Freund geschrieben wurde. Hier müssen die Helden in der Grafschaft Südpforte einen Mord aufklären, an dem sich zwei almadanische Weingutbesitzer gegenseitig die Schuld geben. Im Laufe der Geschichte geschieht ein weiterer Mord, dann noch einer - jeweils am selben Opfer. Dieses entwickelt darüber hinaus ein beunruhigendes Eigenleben ...
Die Handlung ist nicht sonderlich komplex, dafür aber umso amüsanter. Das Abenteuer eignet sich gut für Einsteiger - das gilt für Spieler und Meister -, die die Eigenheiten Almadas kennenlernen wollen. Dem Spielleiter ist hier viel Freiraum gelassen, um die Geschichte nach Belieben auszuschmücken, und der Spaßfaktor steht hier ganz im Vordergrund. Zudem ist es unterhaltsam verfasst, so dass man auch schon bei der Vorbereitung seinen Spaß hat. Der aventurisch-historische Hintergrund spielt hier keine allzu bedeutende Rolle, man kann es mit geringen Änderungen - vor allem bezüglich der dort angesiedelten Novadis - gut auch vor 1029 BF spielen lassen. Vier Sterne.

Die von der Schlacht in den Wolken gezeichnete Hauptstadt Gareth ist der Schauplatz des Abenteuers "Wohin der Schatten fällt" von Kathrin Lieb. Hier sollen die Helden eigentlich nur den gelehrten Onkel eines verwaisten Kindes aufspüren. Dummerweise ist dieser an die falschen Leute geraten, denn seine Forschungen über Tiefzwerge drehen sich auch um einen verschollenen Schatz. Und so beginnt eine Schnitzeljagd durch viele Bereiche der riesigen Stadt, die erstaunlich viele Schattenseiten Gareths durchläuft ...
Das Abenteuer ist anspruchvoll, die Handlung komplex, und der Meister muss niederhöllisch aufpassen, dass er keine relevanten Informationen vergisst. Auf die Spieler kommt viel Denk- und Kombinierarbeit zu, aber auch eine abwechslungsreiche und sehr spannende und actionreiche Geschichte. Denken und Draufhauen in einem gut ausgewogenen Verhältnis, ein passabler Einstieg und ein Gareth, das so manche Überraschung birgt. Und letztlich kann man das Abenteuer auch dann spielen, wenn man die historischen Entwicklungen der letzten Jahre in Aventurien ablehnt. Leider ist der Handlungsverlauf recht strikt vorgegeben, den Spielern bleibt meistens nichts anderes, als dem roten Faden zu folgen. Sie das nicht spüren zu lassen, fordert dem Meister viel Geschick ab.
Für dieses Abenteuer ebenfalls vier Punkte.

"El Vanidad" von Stephanie von Ribbeck stellt das genaue Gegenteil zum vorigen Abenteuer dar: Die Heldengruppe wird in eine Gruppe Zahori eingeschleust, um die letzte Überlebende einer Adelsfamilie ausfindig zu machen, die einst aufgrund einer Fehde bei diesem fahrenden Volk versteckt wurde. Die Geschichte beginnt in Punin und kann letztlich überall hin führen.
Hier heißt es: Der Weg ist das Ziel. Entsprechend dient die Rahmenhandlung eher dazu, die Helden glaubhaft in das Zahori-Dasein zu bringen, woraus die Autorin auch keinen Hehl macht. In diesem Abenteuer lernen die Spieler das Leben dieser Leute kennen, dürfen daran teilhaben und ganz nebenbei ihre Suche durchführen. Der Meister muss sehr flexibel sein, da die Spieler hier im Prinzip die Regie übernehmen und er darauf reagieren muss, und ein gutes Gespür dafür haben, wann den Helden langweilig wird. Es ist egal, ob die Spieler erfahren sind oder nicht, allerdings ist "El Vanidad" kein typisches Einsteiger-Abenteuer. Es bietet viel Raum für eigene Ideen von Spieler- und Meisterseite, erfordert eine kommunikationsstarke Runde, lässt auch exotische Charaktere problemlos zu und weist einen kurzen, aber nach den Seiten vielfach verzweigten roten Faden auf.
Ein solches Abenteuer kann reizvoll sein und viel Spaß machen, ist aber nicht jedermanns Sache. Wer sich nicht für die Zahori interessiert und lieber eine Geschichte durchspielt, als rollenspielerische Sozialstudie zu betreiben, dem ist von diesem Abenteuer abzuraten. Insgesamt durchwachsene drei Sterne.

Den krönenden Abschluss des Bandes bildet "Zwischen den Fronten" von Uli Lindner. Die Helden spielen hier Aufpasser für einen vom Pech verfolgten garetischen Ritter, der auf einem Ritterturnier seiner Kaiserin Rohaja zu Ehren kämpfen will. Auf diesem Turnier in Eslamsgrund sind sowohl Rohaja als auch ihr Bruder Selindian Hal zugegen, der sich zum Kaiser von Almada hat krönen lassen - entsprechend greifbar ist die Spannung. Nicht nur müssen die Helden den Fettnäpfchentreter vor sich selbst schützen, auch werden sie mit der Tatsache konfrontiert, dass sich die Atmosphäre immer weiter aufheizt und aus dem Turnierplatz ein Schlachtfeld zu werden droht ...
Dies ist das beste Abenteuer in der Sammlung. Es macht schon alleine Spaß, es zu lesen, und die Idee dahinter ist wirklich gut. Gekonnt spielt der Autor mit dem hochmittelalterlichen Ritter- und Turniergehabe, viele nette kleine Ideen und ein stetig steigender Spannungsbogen sorgen dafür, dass es nie langweilig wird. Dem Meister wird nicht zuviel abverlangt, den Spielern werden viele Freiheiten gelassen, und der adlige Pechvogel ist ein sehr sympathischer Nichtspielercharakter (NSC). Diese originelle Geschichte hat volle fünf Sterne verdient.

Der Band enthält ein DIN-A-3-Blatt mit Materialien, die kopiert und den Spielern vorgelegt werden können. Die einzelnen Abenteuer lassen sich auch kombinieren, Vorschläge hierfür werden zu jedem Abenteuer mitgeliefert, eine sympathische Methode, aus mehreren Einzelabenteuern eine Kampagne zu machen.

Alle Abenteuer weisen zahlreiche Hilfestellungen für den Meister auf, als Meister wird man in den meisten Fällen gut an die Hand genommen und auf so manches potenzielle Spielerverhalten vorbereitet. Die "Dramatis Personae" am Ende jedes Abenteuers sind nicht zu knapp gehalten und ermöglichen es, lebendige NSCs zu erschaffen. Zugleich werden aber nicht zu viele Informationen zu Land und Leuten geboten, so dass es um einiges umständlicher wird, die Abenteuer zu meistern, wenn man nicht den Regionalband "Herz des Reiches" zur Verfügung hat. Das geht auch, erfordert aber viel Improvisation.

Alles in allem ist "Ehrenhändel" eine ganz ordentliche Abenteuersammlung mit guten Hilfestellungen. Nach all den großen Schlachten und Umschwüngen, die zuletzt über das Mittelreich hereingebrochen sind, sind die hier vorgestellten Abenteuer erfreulich klein gehalten: Keine Veränderungen mehr, sondern Orientierung in einer neuen Gesellschaftsstruktur. Die Abenteuer sind abwechslungsreich und weitgehend kreativ. Sie spielen ausschließlich in Garetien und Almada, weil das die beiden Regionen des Mitelreiches sind, die die größte Veränderung erfahren haben. Wer diese Gegenden mag, der wird hier viel Spaß haben.

Mit freundlicher Unterstützung von Fantasy Productions GmbH, www.fanpro.com und www.f-shop.de

Stefan Knopp



Hardcover | Erschienen: 1. Dezember 2006 | ISBN: 9783890642239 | Preis: 18 Euro | Sprache: Deutsch

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