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Die Insassen der Wetterstation in der Antarktis können den Angriffen der Eiskrieger nur noch mühsam standhalten. Jene treten inzwischen in einer effektiveren Gestalt auf und irgendwie gelingt es einigen von ihnen, in die Station einzudringen und großen Schaden anzurichten. Und irgendjemand in der Station treibt ein falsches Spiel und sabotiert die Sicherheitsmaßnahmen. Und der stark geschrumpfte Söldnertrupp hat alle Hände voll zu tun, als plötzlich monströse Gegner aus Fleisch und Blut eindringen.
Der siebzehnjährige Ben muss sich derweil weiterhin mit nervigen Erwachsenen herumplagen, die immer noch Schwierigkeiten haben, ihm alles zu glauben, was er ihnen über die Alten erzählt, allen voran Stationsleiter Ramanov. Es klingt auch reichlich merkwürdig, dass ihm die autistische Sascha diese Informationen in einem Albtraum erzählt. Ben sorgt sich um Sascha, befürchtet, sie endgültig zu verlieren.
Eine Expedition in die bizarre Höhle unter der Station, an der Ben eher unfreiwillig teilnimmt, bringt überraschende und erschreckende Erkenntnisse ans Licht und endet beinahe in einem Desaster. Und schließlich zeigt die Eiskönigin, die mit den Alten im Bunde steckt, ihr wahres Gesicht. Es wird Zeit, die letzten Trümpfe auszuspielen ...
Das Finale der "Genesis"-Trilogie von Wolfgang und Heike Hohlbein ist wieder ein wenig abwechslungsreicher als der zweite Band, einfach weil es mehrere Schauplätze gibt und neue Bedrohungen neben die Eiskrieger treten. Zugleich wird die Atmosphäre beklemmender, weil die Verteidiger in der Station immer mehr Raum einbüßen. Die aggressive Stimmung nimmt weiter zu und bewirkt, dass die Figuren - allen voran Ben und Ramanov - zunehmend ohne nachzudenken handeln oder diskutieren. Am Ehesten behalten die Söldner den klaren Kopf, während die hochintelligenten Wissenschaftler ein klägliches Bild abgeben.
Das gilt auch in diesem Roman besonders für Bens Vater, renommierter Psychologe und mit der Extremsituation völlig überfordert. Er ist die schwächste der wichtigeren Figuren. Die stärkste Figur ist aber nicht Ben, dessen Vorgehensweise bisweilen nicht nachvollziehbar ist, obwohl der Leser in dessen Gedankenwelt den tiefsten Einblick erhält, sondern der Söldnerhauptmann Harry, der hier einige Überraschungen aufzubieten hat.
Hatte man im zweiten Band, "Stein", noch kaum Zeit, in der beständig treibenden Spannung Luft zu holen, so wechseln sich im dritten spannende Action und ruhigere Szenen gleichmäßiger ab. Schade ist, dass der eigentliche Showdown dieser über 1300 Seiten umfassenden Trilogie sehr knapp ausfällt, hier wäre ein sich länger aufbauender Spannungsbogen nett gewesen.
Bedauerlich ist ebenfalls, dass bei der Herstellung zumindest des vorliegenden Rezensionsexemplars geschlampt wurde: Die Seiten 321 bis 336 sind nicht dort, wo sie hingehören, sondern weiter hinten zwischen den Seiten 344 und 345 eingefügt. Die Rechtschreibung wurde auch nicht allzu sorgfältig kontrolliert: Neben zahlreichen Fehlern in Kasus-Endungen (zum Beispiel "den Reißverschluss ihre Jacke") wurde in auffallender Menge "sie" und "Sie" verwechselt. Und auch inhaltlich kann man sich über einiges wundern. Über die Tatsache, dass es in der gesamten hochmodernen Wetterstation keine einzige Computermaus zu geben scheint, so dass die Figuren für sämtliche Anwendungen - unter Windows! - auf der Funk-Tastatur herumhacken müssen, kann man vielleicht noch hinweg sehen. Aber dass man sich in einem Kreuzfahrtschiff in expliziter Schräglage nicht wie auf ebenem Untergrund bewegen kann und das Betreten des völlig vereisten Decks sehr leicht in einer tödlichen Rutschpartie enden kann, haben die Autoren schlichtweg übersehen. Und wenn amerikanisches Militär, das als paranoid charakterisiert wird, in einem Bunker in der Antarktis, den es aufgegeben hat, eine Atombombe zurücklässt, dann ist das allenfalls amüsant und dem Geschichtsverlauf dienlich, als dass es glaubwürdig wäre.
Den Lesespaß indes trügt das alles nur unerheblich: Die Hohlbeins haben eine gut durchdachte Geschichte gesponnen, die immer dramatischer wird, und sie spannend erzählt. Hier stehen Geschichte und Action im Vordergrund, und in diesen Bereichen ist das Buch gelungen. Man erfährt zwar einiges über den Hintergrund mancher Figuren, aber wirklichen Tiefgang weisen sie nicht auf. Ein spannender Abschluss einer packenden Trilogie, von der man aber nicht allzu viel Anspruch erwarten darf.
Zeit, diese Trilogie im Gesamten zu betrachten:
Die "Alten", "Nyarlathotep", Drachenmenschen, das sind Begriffe, die in dieser Trilogie vorkommen, und Kenner des Cthulhu-Mythos von H. P. Lovecraft werden sie wiedererkennen. Die Hohlbeins haben sich dieser mythischen, gottähnlichen Wesenheiten bedient und eine actionreiche Geschichte darum gesponnen mit einem jugendlichen Held im Zentrum und in einem sprachlichen Stil, der auf ein Publikum im gleichen Alter zugeschnitten zu sein scheint. Jeder Band wird mit einer Passage aus einem Cthulhu-Text eingeleitet, allerdings hätte man sich darüber hinaus auch eine deutlichere Erklärung in der Geschichte selbst gewünscht, oder wenigstens einen erklärenden Anhang am Ende eines Bandes; hier bleibt es bei einer kurzen Erwähnung im zweiten Band, danach ist vom Cthulhu-Mythos nicht mehr die Rede. Die Figuren hören zwar den Namen Nyarlathotep, recherchieren aber nicht (zum Beispiel im Internet), sondern ergehen sich lieber in Unwissenheit und der Unglaubwürdigkeit des Gehörten; das ist sehr schade, weil inkonsequent.
Wenn in der Geschichte eine hocheffektive Infraschallkanone zum Einsatz kommt, dann deshalb, weil die Hohlbeins eine nette Verschwörungstheorie ausgeweidet haben, nach der irgendein Militär über solche Waffen verfügen soll. Der Einsatz dieser Waffe in der Trilogie ist Science Fiction pur. Aber mit der "Genesis"-Trilogie wollen die Hohlbeins nicht irgendeinem realistischen oder cthulhuesken Anspruch genügen, sondern unterhalten und Nervenkitzel erzeugen. Diese Leistung erbringt die Reihe voll und ganz. Allerdings bleiben die Charaktere oberflächlich und entwickeln sich kaum und einige nervige Dinge ziehen sich durch die gesamte Trilogie und werden erwachsenen Lesern mehr aufstoßen als jugendlichen. Die Gesamtwertung für die Trilogie schwebt zwischen drei und vier Sternen - fast gut.