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Der Landschaftsmaler Carl Rottmann hatte als Künstler im Bayern seiner Zeit eine herausragende Stellung inne. Er war noch jung, als König Ludwig I. auf ihn aufmerksam wurde und begann, ihm Aufträge zu erteilen, deren bedeutendster zweifellos der Griechenlandzyklus wurde, der eng mit der Ernennung Ottos, Sohn Ludwigs I., zum griechischen König zusammenhing.
Der erste Teil des Bildbandes widmet sich Rottmanns Biografie einschließlich früherer Aufträge, darunter der Italienzyklus, dem historischen Hintergrund der engen Verbindung Bayerns mit dem soeben unabhängig gewordenen Griechenland, woraus der Wunsch des Königs nach einer Reihe Griechenlandbilder resultierte, sowie praktischen Aspekten von Rottmanns Arbeit. Ferner wird die wechselhafte Geschichte der Aufstellungsorte des Zyklus beschrieben; bereits vor der Fertigstellung änderten sich diesbezügliche Pläne mehrmals, schließlich erhielten die Gemälde einen eigenen Saal in der Neuen Pinakothek, wurden im Zweiten Weltkrieg zum Teil stark in Mitleidenschaft gezogen - diesen Schäden und der Restaurierung ist ein eigenes Kapitel gewidmet - und fanden erst 2003 zumindest zum Teil wieder einen würdigen Rahmen zu ihrer Präsentation in der wieder aufgebauten Neuen Pinakothek.
Im Hauptteil des Buchs werden die 23 Gemälde des Zyklus einzeln in der Reihenfolge ihrer Entstehung vorgestellt. Am Anfang jedes dieser Abschnitte steht eine Einführung zum jeweiligen Bild durch Ludwig Lange, der seinerzeit Rottmann auf die Reise nach Griechenland begleitete, die zur Inspiration des Künstlers und zur Skizzierung der Motive diente. Es folgen eine Gesamtaufnahme des Bildes sowie in den meisten Fällen eine doppelseitige Abbildung des zentralen Teils des Gemäldes. Anschließend kann sich der Leser ausführlich über das Motiv und die Entstehungsgeschichte des Bildes informieren; auch maltechnische und konzeptionelle Besonderheiten finden Erwähnung. Der Text wird von Abbildungen sämtlicher erhaltener Entwürfe und sonstiger vorbereitender Arbeiten begleitet, zumeist Aquarelle und kleinere Ölbilder, aber auch Vorlagen von Otto Magnus von Stackelberg, die Rottmann für seine Gemälde verwendete.
Die Abschnitte über die einzelnen Bilder werden abgeschlossen durch eine Übersicht, die Anmerkungen zum Text, den Befund (Technik, Ausführung), den Zustand unter besonderer Berücksichtigung der Kriegsschäden und der Restaurierung, Quellen und Literatur beinhaltet.
Das Buch entstand anlässlich der Ausstellung "Zehn Tonnen Hellas - Carl Rottmanns Griechenlandzyklus", die bis zum 29. April 2007 in der Münchner Neuen Pinakothek zu sehen ist.
Carl Rottmann, zu seiner Zeit hoch geschätzt und auch heute unbestreitbar als Größe der deutschen Landschaftsmalerei anerkannt, erging es nach seinem Tode wie vielen Künstlern des 19. Jahrhunderts: Die neuen Strömungen in der Kunst fegten sein Werk mehr oder weniger hinweg. Der Realismus kam auf; Rottmanns Gemälde, die mehr Interpretation als wirklichkeitsnahe Landschaftsdarstellung waren und gründliche geistesgeschichtliche wie tagespolitische Kenntnisse des Betrachters voraussetzten, wurden zunehmend kritisiert.
Dieses Buch bietet einen wunderbar umfassenden Überblick über Rottmanns persönlichen Hintergrund und seine besonderen Fähigkeiten, die ihn für den Griechenlandzyklus geradezu prädestinierten. Zudem ermöglichen die sorgfältig dargestellte Verbindung Bayerns mit dem neuen Griechenland und die Skizzierung des damaligen Griechenlandbildes in Deutschland dem heutigen Betrachter eine angemessene Einordnung von Rottmanns Werk in den historischen Kontext, der sich von selbst kaum erschließt.
Von besonderem Interesse ist das Augenmerk auf Technik und Konzeption der einzelnen Bilder; hier lassen sich zuweilen verblüffende Änderungen und Neuentwürfe sowie gelegentlich die Arbeit nach Vorlagen anderer Künstler nachvollziehen.
Für den professionellen Kunstfreund wie für den Laien erweisen sich auch die Hinweise auf die häufig massiven Folgen von kriegsbedingten Schäden und Restaurierungsmaßnahmen als außerordentlich lehrreich, die vor allem der Laie teilweise häufig nicht wahrnehmen würde oder zumindest nicht richtig einzuschätzen wüsste. Trotz ihrer Informationsdichte sind die Texte angenehm zu lesen.
Der Band ist, wie es sich für einen Bildband gehört, üppig illustriert. Die Auswahl der Bilder - auch historische Aufnahmen, etwa Vorkriegsfotos später beschädigter Gemälde - und die Qualität der Abbildungen könnten vermutlich nicht besser sein - mit Ausnahme der doppelseitigen Bildausschnitte, deren Auflösung häufig etwas grob wirkt.
Ein so umfassendes, an Bedürfnissen und Komfort des Lesers und Betrachters orientiertes Buch über das Hauptwerk eines einzelnen Künstlers findet man, wenn überhaupt, nur selten. Der Gehalt der Texte und die Qualität und Auswahl der Abbildungen bestechen ebenso wie die übersichtliche Gliederung und die gesamte Aufmachung. Hinzu kommt ein angemessener Preis. Wer sich für Landschaftsmalerei beziehungsweise die Kunst des 19. Jahrhunderts interessiert, wird an diesem Buch viel Freude haben.