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Dies ist die Rezension eines Klassikers in seinem Bereich. Wie viele Bücher, die sich mit Sprechtechnik für Sprecher und Schauspieler befassen, hat "Sprecherziehung des Schauspielers" schon einige Jahre auf dem Buckel, in diesem Fall handelt es sich um eine neue Auflage eines Buches von 1962. Egon Aderhold schrieb dieses Buch damals weniger als ein Praxisbuch für alle, sondern als ein zum größeren Teil theoretisches Lehrbuch für angehende Sprecherzieher im Bereich des Theaters. Film und Fernsehen mit ihren sprechtechnischen Eigenheiten interessierten ihn noch nicht.
Das Buch beginnt ganz wissenschaftlich mit der
Abgrenzung innerhalb der Sprecherziehung. Also für wen ist die Sprecherziehung notwendig, an wen wendet sich das Buch.
Der zweite, deutlich umfangreichste Teil heißt
Grundlagen der Sprecherziehung des Schauspielers und hier geht es um die Theorie. Was passiert neurologisch und physiologisch während des Sprechens, wie arbeiten welche Teile der Atmung und um Himmels Willen: Was ist eigentlich die Stütze? Jeder gute Sänger und fast alle guten Theaterschauspieler beherrschen sie, aber niemand weiß genau, wie sie nun funktioniert.
Sprechfunktionen und -fehlfunktionen des Schauspielers: man glaubt ja gar nicht, wie viel beim Sprechen falsch laufen kann. Neben den klassischen S-Fehlern und Nuschlern geht es hier auch um falsche Tonhöhen und ähnlich überanstrengende Sachen.
Das Kapitel
Methoden der Sprecherziehung des Schauspielers gibt diese Methoden nur bedingt an die Hand, sondern diskutiert eher die verschiedenen Sprecherziehungsübungen verschiedener Schulen, die durchaus zum größeren Teil auch heute noch angewendet werden.
Egon Aderhold hat vor gut 45 Jahren ein Buch geschrieben, das die verschiedenen Sprechschulen verglich und wertete. Vielfach zitiert er, vielfach lässt er die widerstreitenden Gesangslehrer in genau diesen Diskussionen zu Wort kommen. Und ganz nebenbei kann man erstaunlich viel über Stimme und Stimmapparat lernen. Allerdings muss man schon ein großes Interesse für die Sprecherei mitbringen, sonst wird man an der trockenen Kost schnell scheitern. Zu wissenschaftlich und theoretisch ist das Ganze und dadurch auch nicht so wirklich das, was man sich unter einem Buch zur Sprecherziehung vorstellt. Und da es kein Vorwort zur sechsten Auflage und keine Einordnung in den heutigen Wissensstand gibt, fehlt auch ein bisschen was. Diese sechste Auflage wird immer noch mit den gleichen Druckstöcken gedruckt, wie die erste - daher ist die Schrift auch recht klein und das 320-seitige Buch eine Lektüre für einige Lesezeit - und kann nur etwas für Menschen sein, die sich in das Thema wirklich vertiefen wollen. Angehenden Sprechern und Sängern kann es besonders dabei helfen, selbst einen Überblick über die körperlichen Abläufe während der Lautproduktion zu bekommen. Das kann zu schnellerem Verständnis führen, aber auch zu Streit mit dem Gesangspädagogen.