"Cold Cases" - "kalte Fälle" - sind ungelöste Verbrechen, deren Untersuchung ad acta gelegt wurde. Detective Superintendent Peter Boyd ist Leiter einer fünfköpfigen Londoner Spezialeinheit, der "Cold Case Unit", die sich mit solchen ungelösten Fällen befasst. Auf der Suche nach der Wahrheit hinter den Verbrechen taucht das Team dabei tief in die Vergangenheit des Opfers und seines Umfelds, um mit Hilfe modernster Technologie Indizien zu finden, die schließlich zu einer Lösung des Falls führen.

"Waking The Dead" ist seit ihrer Premiere im Jahr 2000 eine der beliebtesten Krimiserien Englands, die es auf der Insel mittlerweile auf sechs Staffeln gebracht hat. Und dies nicht ohne Grund: Anstelle ohrenbetäubender Action und reißerischer Spezialeffekte, wie sie das amerikanische Krimi-TV ausmacht, liegen die Stärken dieser Serie in intelligenten Drehbüchern, nachvollziehbaren Handlungsschritten und intensiver Charakterzeichnung. Und da britische Krimis dank solcher Serien wie "Für alle Fälle Fitz" und den "Inspektor Lynley Mysteries" auch in Deutschland einen guten Ruf besitzen, war es nur eine Frage der Zeit, bis das ZDF auch auf "Waking The Dead" aufmerksam wurde. Unverständlicherweise ließ der Sender jedoch die erste Staffel aus und zeigte im Frühjahr 2006 die zweite Staffel, welche nun als DVD-Box mit vier DVDs vorliegt.

Das Mädchen mit dem roten Kleid (Life Sentence)
Vor dreizehn Jahren verschwand Joanna Gold, die Tochter eines wohlhabenden Verlegers, spurlos. Nun ist in einem Lagerhaus das Kleid aufgetaucht, welches sie an jenem schicksalhaften Tag trug. Der Fall wird daraufhin Boyd und seinem Team übergeben, das bei seinen Ermittlungen auf höchst mysteriöse Zusammenhänge stößt. Der Wille, diesen Fall zu lösen, lässt Boyd einen fatalen Fehler begehen.

Mordsache Katherine Reed (Deathwatch)
Die Frauenrechtlerin und Mitarbeiterin des britischen Innenministeriums Katherine Reed wird von einem Einbrecher in ihrem Haus tot aufgefunden. Nachdem dieser aus Mangel an Beweisen als ihr Mörder freigesprochen wird, sollen Boyd und sein Team den Fall weiter bearbeiten. Schon bald stellt die "Cold Case Unit" fest, dass sie mit einer höchst brisanten politischen Angelegenheit betraut wurden, da sie von allen wichtigen Seiten misstrauisch beobachtet werden. Dies hindert Boyd jedoch nicht daran, sich mit dem einflussreichen Sir James Beatty anzulegen, der für ihn der Hauptverdächtige ist.

Die Uhr läuft ab (Special Relationship)
Auf seinem Sterbebett gesteht der alte Harry Newman einem Priester, vor vielen Jahren mehrere Morde begangen zu haben. Nach seinem Tod am nächsten Tag wendet sich der Geistliche an Boyd und sein Team. Schon bald müssen sie erkennen, dass ein weiterer Mörder, der in diesen Fall verwickelt ist, noch auf freiem Fuße ist.

Der Spielkartenmörder (Thin Air)
Der Fall der Ärztin eines Londoner Krankenhauses, die von einem Stalker belästigt wird, weist Parallelen zu einer Mordserie auf, die fünfzehn Jahre zurückliegt. Zumal es sich bei jener Ärztin um das einzige überlebende Opfer dieser Mordserie handelt. Um den Fall zu lösen, benötigt Boyd die Kooperation des damaligen Täters Thomas Rice.

Alle vier Folgen dieser Staffel sind britischer Krimigenuss vom Feinsten. Schon nach der ersten Folge wird man Detective Superintendent Peter Boyd, grandios verkörpert von dem britischen Mimen Trevor Eve, in sein Herz geschlossen haben. Dabei ist der Charakter nicht ohne Fehler. Als verbissener Ermittler, der nicht eher ruht, bis er einen Fall gelöst hat, lässt er sein Team des Öfteren sein cholerisches Temperament spüren, wenn ihm die Ermittlungen nicht zügig genug voranschreiten. Doch er ist auch bereit einzusehen, wenn er einen Fehler begangen hat, auch wenn er dies dann mit trockenem britischen Humor kommentiert. Außerdem ist er ein Mann, der von den Geistern seiner eigenen Vergangenheit heimgesucht wird.
Doch auch der Rest des Ensembles überzeugt mit schauspielerischen Glanzleistungen. Diese Schauspieler spielen nicht nur ein Team, sie leben es. Ebenso sind die folgenabhängigen Nebenrollen überaus passend besetzt, wie zum Beispiel mit Corin Redgrave als snobistisch wirkender Ministeriumsbeamter Sir James.

Auch die Inszenierung kann als rundum gelungen bezeichnet werden. Die einzelnen Folgen sind eher ruhig gefilmt, selten hektisch, dennoch bleibt ein angenehmes Tempo gewahrt. Bild- und Tonqualität sind ebenso zufriedenstellend, für Freunde des Originaltons ist die britische Tonspur enthalten.

Wo Licht ist, ist allerdings auch immer Schatten. So auch bei dieser DVD-Box: Im Original haben alle Folgen eine Laufzeit von zwei Stunden, gesendet als zwei einstündige Hälften. In Deutschland wurden die Folgen dagegen auf je neunzig Minuten heruntergeschnitten. Pro Fall fehlen also etwa dreißig Minuten an Material. Dass dies Usus in der öffentlich-rechtlichen TV-Ausstrahlung ist, mag sein, aber bei einer DVD-Veröffentlichung erwarte ich als Käufer, dass mir der komplette Film angeboten wird. Auch auf Extras muss man bei dieser Box leider verzichten.

Ebenso unverständlich bleibt, warum die erste Staffel noch nicht veröffentlicht wurde, beziehungsweise warum das ZDF gleich mit der zweiten Staffel begonnen hat. Sicherlich hat auch das deutsche Publikum Interesse am Beginn dieser überzeugenden Serie.

Mit "Waking The Dead" hat das britische Fernsehen erneut bewiesen, dass es Krimikost vom Feinsten produzieren kann. Bei dieser Serie stimmt einfach alles. Von in sich schlüssigen Fällen über interessante Charaktere bis hin zu guter Unterhaltung ist in diesem Rundum-Paket alles enthalten. Lediglich die Bearbeitung für den deutschen Markt weist wieder einmal Mängel auf, die den Konsumenten am gewissenhaften Umgang mit seinen TV-Gebühren zweifeln lassen. Daher fünf Punkte für die Serie, aber einen Punkt Abzug für die halbstündige Kürzung der Folgen sowie die Vorenthaltung der ersten Staffel.