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David LaChapelle ist eine der größten Popikonen unserer Zeit, denn er ist Fotograf und Regisseur. Er hat allerdings mit so vielen Stars zusammengearbeitet und so großen Erfolg gehabt, dass er bereits als neuer Andy Warhol gehandelt wird. Seine Arbeiten sind regelmäßig auf den Titelbildern von Zeitschriften, in Ausstellungen und Videos zu finden. Daneben veröffentlich er immer wieder neue Fotobücher.
Sein neuester Bildband "Heaven to Hell" ist über dreihundert Seiten stark und Teil einer Trilogie. Band 1 erschien unter dem Namen "LaChapelle Land" im Jahr 1996, der zweite Band hieß "Hotel LaChapelle" und wurde 1999 veröffentlicht. Allerdings ist das vorliegende Buch mit Abstand das umfangreichste. Seine Fotos präsentieren sich in gewohnt grellen Farben und mit einer großen Anzahl an prominenten Models. Abgelichtet wurden unter anderem Elizabeth Taylor, Pamela Anderson, Sylvester Stallone, David Bowie, Björk, Angelina Jolie, Britney Spears, Pink, Leonardo DiCaprio und Justin Timberlake, um nur eine Auswahl zu nennen.
LaChapelles Bilder zeigen Pop, Kitsch, Gewalt, Pornografie, Religion und immer wieder grellbunte Farben. Man sieht Szenen, die einen erschrecken und schockieren, dabei allerdings in ein ästhetisch äußerst ansprechendes Äußeres verpackt wurden. Anstatt abgestoßen zu sein, schaut man sich seine Kunstwerke mit Begeisterung an. Eine attraktive, freundlich lächelnde Blondine (Pamela Anderson), die barbusig einem Mann das Gesicht blutig schlägt, wirkt in einem Arrangement von LaChapelle fast schon surrealistisch. Der Künstler spielt mit dem ästhetischen Empfinden seines Publikums. Als Betrachter wird man selbst unsicher, wer das Monster ist, die prügelnde Frau oder man selbst, weil einem das Foto trotz der gezeigten Gewalt gefällt.
Amanda Lepore, eine Transsexuelle und LaChapelles Muse, taucht auf vielen Bildern auf. Sie ist immer sehr sparsam bekleidet oder nackt. Oft spielt der Fotograf mit ihrem operativ stark veränderten Gesicht, indem er ihr mit Hilfe von Make-up einen typischen Warhol-Stil verpasst und sie wie ein Gemälde schminkt. Dadurch, dass man sie rein optisch keinem Geschlecht zuordnen kann, wirkt ihr Anblick auf den Betrachter durchaus verwirrend.
Neben vielen Einzelbildern finden sich auch komplette Serien in "Heaven to Hell". So zum Beispiel die Sammlung "Drunk Americans", die besonders aus dem Rahmen fällt, da es sich um Schnappschüsse und keine Studioaufnahmen handelt, die bei Partys entstanden sind. Die Jesus-Serie am Ende des Buches ist zugleich äußerst religiös wie auch das genaue Gegenteil. Bei David LaChapelle findet man den Gottessohn unter Huren und Rappern. Es bleibt dem Betrachter überlassen, was er aus dem Gesehenen macht. Handelt es sich hier um eine kitschige Entfremdung? Oder wäre ein moderner Jesus nicht genau dort zu finden, wo der Fotograf ihn zeigt?
In diesem Band findet man jede Menge Menschen. Nackte und Angezogene, Dünne und Dicke, Schwarze und Weiße, Männer und Frauen, Junge und Alte, Schöne und Hässliche. Dabei ist es LaChapelle wichtig, dass er sich über seine so verschiedenen Models nicht lustig macht, er zeigt im Gegenteil größten Respekt vor ihnen.
"Heaven to Hell" wiegt mehrere Kilo und ist extrem hochwertig verarbeitet. Der Druck überzeugt durch satte Farben und außerordentliche Schärfe. Zum Schutz befindet es sich in einer Papp-Box, ein Bilderindex liegt zusätzlich bei. Dieser erweist sich als sehr praktisch, denn in einem Buch dieses Umfangs wäre es ein sinnloses Unterfangen, auf der Suche nach Informationen ständig nach hinten blättern zu müssen. So hat man alle Angaben immer bei sich und kann schnell darauf zugreifen.
Egal, ob einem LaChapelles Bilder gefallen oder nicht, die technische Umsetzung ist überragend. Sein Licht- und Farbspiel ist unübertroffen, genau wie seine perfekt inszenierten Arrangements. David LaChapelle hat mit seinen Arbeiten den Pop visualisiert und ist zu einem Vorreiter der modernen Fotografie geworden. Als er in den 1980er Jahren von Andy Warhol entdeckt wurde, kannte ihn noch niemand, heute ist er aus dem Popbusiness nicht mehr wegzudenken. Für Fans von moderner Fotografie sollte "Heaven to Hell" ein Pflichtkauf sein.