R. Scott Bakkers Fantasyepos "Der Krieg der Propheten" geht in die zweite Runde. Das bedeutet - zumindest für den deutschen Leser - zunächst erstmal eines: er hält ein weiteres, wunderschön gestaltetes Buch in den Händen, ein Schmuckstück für sein Bücherregal, das mit silbern unterlegten Schriftzeichen und hochwertigen Karten im Innencover ein echter Blickfang ist. Fantasy-Kitsch war gestern! In der B-Note also schon mal volle Punktzahl ...

Klett Cotta präsentiert diesen zweiten Band aus Bakkers Feder nicht ohne Grund in solch würdevoller Gestaltung. Denn "Der Prinz aus Atrithau" ist wie sein Vorgänger ein beeindruckendes Werk moderner Fantasy. Der "Heilige Krieg" auf der Welt Eärwa geht mit unverminderter Härte weiter. Mehrere Religionsgruppen, darunter die streng monotheistischen Fanim, werfen ihre Heere in die Schlacht; aufgehetzte Fanatiker auf beiden Seiten bekämpfen sich mit lauteren und unlauteren Mitteln. Während die Kämpfe sich mehr und mehr in den Süden Eärwas verlagern, wird hinter der Schlachtreihe mit Magie und Spionage operiert. Im Mittelpunkt steht dabei weiterhin der Mönch Kellhus, der sich bei den Anhängern des Inrithismus-Glaubens einen Namen gemacht hat und von einigen gar als "Kriegerprophet" angesehen wird. Während die Inrithi den Fanim entgegenziehen, bricht jedoch Zwist in ihren Reihen aus. Kellhus schlägt mehr und mehr Mißtrauen entgegen, und das Heer teilt sich. Nur der Hexenmeister Achamarin und die Hure Esmenet stehen Kellhus bedingungslos zur Seite ... auch wenn Achamarian ahnt, dass von seinem Zögling eine Bedrohung ausgeht. Bei den Ebenen von Mengedda kommt es schließlich zu einer schicksalsträchtigen Schlacht zwischen den Inrithi und den Fanim ...

Bakkers Geschichte um religiösen Wahn und persönliche Sinnsuche trägt auch in diesem zweiten Band. Clevere Dialoge, hinreißende Schlachtenschilderungen und vielschichtige Charaktere (mein Liebling aus Teil 2: Saubon, der Prinz von Galeoth) bilden ein modernes Epos, dessen Kraft mitreißt. Bemerkenswert ist es, wie Bakker sein üppiges Personal und die Verflechtungen zwischen den einzelnen Orden und Sekten verwendet, ohne dass der Leser durcheinander kommt. Darauf muß man sich freilich einlassen, ebenso wie auf die düstere, oft blutrünstige Handlung, die mit der erwähnten Schlacht bei Mengedda ihren Höhepunkt findet. Ein starkes, zurecht hochgelobtes Fantasyepos, das in der stilsicheren Übersetzung von Andreas Heckmann und dank einer wunderschönen Aufmachung begeistert. Der dritte Teil wird sehnsüchtig erwartet, der zweite hiermit nachdrücklich empfohlen.