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Wieder einmal entführt einen die Autorin des Bestsellers "Das Mädchen mit dem Perlohrring" in die Welt der Künstler.
Dieses Mal spinnt Tracy Chevalier die Geschichte um die Entstehung des wohl berühmtesten Wandteppichs der Renaissance. Dieser Teppich, der die Geschichte der Verführung eines Einhorns erzählt, wurde von Nicolas des Innocents entworfen und in Brüssel gewirkt - soweit die Fakten. Die Autorin erarbeitet aus dieser dünnen Grundlage, wie schon bei ihrem vorhergehenden Roman, ein faszinierendes Gesellschaftsbild.
Der Maler Nicolas des Innocents, der bisher auf Portraits bei Hofe spezialisiert war, erhält den Auftrag, einen Wandteppich zu entwerfen. Ursprünglich sollte er eine Schlacht darstellen, doch die Hausherrin setzt sich durch: Die Geschichte der Verführung eines Einhorns soll angesprochen werden. An sich wäre diese Aufgabe nicht zu schwer für ihn, aber er verliebt sich in die Tochter des Hauses. Claude ist nicht nur wunderschön, sondern auch unerreichbar für ihn. Sie erwidert zwar seine Gefühle, aber eine Zukunft hat diese junge Liebe nicht. Das beginnende Verhältnis wird bekannt, Claude wird ins Kloster geschickt und Nicolas muss nach Brüssel, um bei den Teppicharbeiten zu helfen. Dabei lernt er Agnes kennen, die blinde Tochter des Werkstattbesitzers. Diese findet aufgrund ihrer Behinderung keinen Mann und soll an den Gerber verheiratet werden. Dieser ist jedoch brutal und außerdem immer vom abstoßenden Geruch der Gerbflüssigkeit begleitet. Nicolas ist von dem Gedanken an eine Hochzeit der beiden angewidert und beschließt, Agnes zu helfen. Trotzdem ist die Liebe zu Claude immer allgegenwärtig ...
Tracy Chevalier zeichnet wieder ein eindrucksvolles Bild der Epoche der Renaissance. Erneut erhält man Einblick in den Alltag der verschiedenen Schichten und in ihre Schwierigkeiten. Vor allem der Arbeitsalltag der Teppichmacher ist faszinierend und detailliert gezeigt. Jeder Schritt vom Färben und Sortieren der Wolle bis zum Herausschneiden des fertigen Teppichs wird beschrieben, wodurch man ein sehr gelungenes Bild der Werkstatt und ihrer Arbeit erhält.
Der Roman ist wieder aus verschiedenen Perspektiven geschrieben, sodass man einen vielfältigen Blick auf die Gesellschaft und die Gedanken der Charaktere werfen kann. Dies trägt sehr zum Verständnis der Geschichte bei, da man nicht nur aus einem Blickwinkel am Verlauf teilhat.
Trotz der eingearbeiteten Liebesgeschichte ist dieser Roman in erster Linie ein Porträt des Lebens in Paris beziehungsweise Brüssel zwischen 1490 und 1492. Dies ist auch ein Kritikpunkt: Obwohl es anfänglich so wirkt, als würde die schöne Claude Nicolas' Gedankenwelt komplett bestimmen und als wäre diese Schwärmerei wirklich die große Liebe, gibt es doch lange Passagen, in denen Claude nicht erwähnt wird. Ganz negativ ist dies trotzdem nicht, da es das Abgleiten in den Kitsch verhindert.
Besonders schön wird das Buch durch die Beifügung der Drucke des Teppichs. Anhand dieser kann man den Beschreibungen im Buch sehr gut folgen und versteht auch die dahinter stehende Symbolik viel besser.
Dieser Roman ist für alle Leser geeignet, die sich für historische Gesellschaftsromane interessieren. Er zeichnet ein wirklich realistisches Bild der Stände zur Zeit der Renaissance.