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 Phönix

Das Fantasy-Live-Rollenspiel-Regelwerk


Cover
Gesamt +++++
Aufmachung
Leitbarkeit
Preis - Leistungs - Verhältnis


Mehr noch als Pen & Paper-Rollenspielsysteme müssen Live-Rollenspielsysteme vor allem eines: In der Umsetzung funktionieren. Handelt es sich dabei doch nicht um eine Gruppe von etwa sieben Leuten am Spieltisch, sondern um nicht selten über hundert Spieler- und Nichtspielercharaktere. Das "Phönix"-System wirbt mit einer zehnjährigen Spielerfahrung, was durchaus ein erster Anhaltspunkt für die Qualität dieses Systems ist. Die aktuelle Version des Regelwerkes liegt nun als Taschenbuch im DIN A5-Format vor.

Im Gegensatz zu vielen anderen Grundregelwerken im (Live-)Rollenspielbereich hält sich das Phönix-Regelwerk nicht mit ausgiebigen Erläuterungen zu den Grundlagen des Rollenspiel auf, sondern kommt vielmehr ohne Umschweife zum ersten wichtigen Thema: der Charaktererschaffung. Man kann seinen Charakter aus insgesamt zehn Rassen auswählen. Neben Menschen sowie den klassischen Fantasyrassen wie Elfen, Zwergen, Orks und Co. gibt es noch Echsenmenschen (die hier Drax heißen) und Lemuren, die an gehörnte Dämonen mit blauer Haut erinnern. Zu jeder Rasse gibt es eine allgemeine Beschreibung, Listen mit den Fertigkeitswerten, die Anzahl der Lebenspunkte, Beschreibung ihrer Eigenarten und eine kurze Aufzählung empfohlener Nachteile. Auf diese, sowie auf die einzelnen Fertigkeiten, wird im weiteren Verlauf des Kapitels genauer eingegangen.
Im Abschnitt über Fertigkeiten wird zudem das Murmelsystem von Phönix erklärt. Jedes Mal, wenn ein Charakter eine Probe ablegt, zieht er aus einem Beutel eine bestimmte Anzahl Murmeln. Neben diesen normalen Murmeln befinden sich in dem Beutel auch noch Bonus- (weiß) und Nietenmurmeln (schwarz), welche den Ausgang der Probe beeinflussen. Zieht man bei einer Probe eine Nietenmurmel, so ist die Probe fehlgeschlagen. Allerdings kann der Misserfolg durch eine Bonusmurmel wieder negiert werden. Auf diese Art verfügt man ohne großen Aufwand über ein einfaches Fertigkeitensystem, das relativ gut ausgeglichen ist. Für Chymie, Magie und die Fertigkeit "Schlösser knacken" werden zudem jeweils andersfarbige Murmeln verwendet.

Kapitel 2 ist dem Kampf gewidmet, einer weiteren elementaren Tätigkeit im Fantasy-Rollenspiel. Zu Beginn werden die bekannten Sicherheitsregeln aufgezählt, mit denen die meisten Liverollenspieler wohl vertraut sein dürften, die aber aufgrund der bestehenden Verletzungsgefahr hier sicher nicht fehl am Platze sind. Die Kampfregeln selbst unterscheiden sich nicht sonderlich von denen anderer Live-Systeme. Jeder Charakter hat eine bestimmte Anzahl Lebenspunkte, die durch Treffer von gegnerischen Waffen sinken. Rüstungen können - je nach Machart - Trefferpunkte abwehren. Sinkt die Lebensenergie weit genug ab, wird der Charakter ohnmächtig oder kann sterben. Um letzteres zu vermeiden, gibt es für den Gegner die Möglichkeit, den letzten Streich so zu dosieren, dass der getroffene Charakter nur ohnmächtig wird. Man gewährt im Gnade! Als Ambiente-Regel gibt es zudem den "Schläger-Wert", mit dem ein stimmungsvoller unbewaffneter Kampf ausgespielt werden kann.

Das Kapitel "Charakter-Entwicklung" ist zweigeteilt. Der Abschnitt "Lehrmeister" setzt sich mit den verschiedenen Berufen auseinander, die ein Charakter im Verlauf des Spiels erlernen kann. Hierfür ist jedoch ein Lehrmeister erforderlich, dessen einzelne Ausprägungen hier genauer beschrieben werden. Auch die Möglichkeit, an neue Murmeln zu kommen, ist hier erläutert. Der zweite Abschnitt "Von edler Herkunft" befasst sich näher mit Privilegien und Pflichten des Adels. Hier findet man auch regeltechnische Angaben für Charaktere von Stand.

Kapitel 4 "Das Mysterium der Magie" ist den arkanen Künsten gewidmet. Regeln zum Wirken der Magie sind hier ebenso enthalten wie Spruchlisten für die verschiedenen Magierrichtungen, hier Disciplinae genannt. Auch die Kräfte der Kleriker sind hier beschrieben.

Kapitel 5 ist mit "Die Kraft des Glaubens" betitelt und setzt sich auf elf Seiten - wie erwartet - mit den Religionen bei Phönix auseinander. Das Interessante dabei ist, dass das Pantheon nicht nur aus ausschließlich guten (zum Beispiel Uthor, Gott der Gerechtigkeit) und bösen (zum Beispiel Arachne, Botin der Dunkelheit) Gottheiten besteht, sondern auch graue Zwischenstufen kennt. So ist Malagash, Gott des Chaos, nicht unbedingt böse, sondern steht allgemein für den Zustand der Unordnung. Jeder Gottheit sind etwa zwei Seiten gewidmet, auf denen ihr Wesen, ihre Wunder (deren regeltechnische Beschreibung im Magiekapitel zu finden ist) und die Glaubensregeln ihrer Anhänger beschrieben werden.

Die nächsten beiden Kapitel "Alchimie" und "Pharmazie" sind auf Aufbau her sehr ähnlich, befassen sich beide doch mit der Herstellung von Tränken, Tinkturen und Arzneien. In letzteren wird zudem auch auf (fiktive!) Drogen und Gifte näher eingegangen, sowie deren Herstellung beschrieben. Logisch darauf folgend betrachtet das Kapitel "Krankheiten" sechs verschiedene Seuchen und Infektionen, welche die Charaktere durchaus schwer beeinträchtigen können.

Das vorletzte Kapitel "Unmenschliches" nimmt sich übernatürlichen Gegner in der Welt von Phönix an. Hier finden die Spielleiter alle notwendigen Informationen und Regeln zur Darstellung von Dämonen, Untoten oder anderen übernatürlichen Wesen wie Dschinnen und Feen.

Das letzte Kapitel schließlich befasst sich mit der Phönix-Welt an sich. Hier werden die einzelnen Reiche, Sphären, wichtige Personen und Gestalten sowie legendäre Artefakte beschrieben. Dass es sich hier nicht um eine umfassende Materialsammlung handelt, versteht sich von selbst, jedoch reichen die Absätze meist gut aus, um sich einen Eindruck von dem darin behandelten Objekt oder Subjekt zu machen. Rollenspieler verfügen in der Regel über genügend Erfahrung, um Parallelen zu ähnlichen Beschreibungen ziehen und sich somit ein besseres Bild machen zu können. Die Welt von Phönix ist zudem nicht so abstrakt gehalten, dass sie keine Vergleiche zulassen würde, sondern bewegt sich hier dankbarerweise in bekannten Bahnen. So ist das Reich eines Nordvolkes (Wikinger, Thorwaler etc.) ebenso vorhanden wie ein klassischer Feudalstaat oder ein Wüstenreich. Auch die kurzen Beschreibungen von wichtigen NSCs und Artefakten sind ausreichend.

Auf den letzten Seiten des Buches befinden sich schließlich noch Druckvorlagen für die diversen Charakterbögen, welche allerdings auch online zur Verfügung stehen. Desweiteren liegen dem Buch lose zwei schön gestaltete Deckblätter für eine Charakterbogensammlung, eine übersichtliche Farbkarte der Phönix-Welt im DIN A2-Format und ein Phönix-Lesezeichen bei.

Phönix ist nicht nur ein sehr schön aufgemachtes und liebevoll gestaltetes Regelwerk für Live-Rollenspiel. Man merkt auch beim Lesen der Text, dass darin die jahrelange Erfahrung begeisterter Liverollenspieler eingeflossen ist. Gerade das Regelsystem mit Murmeln kann als gelungen bezeichnet werden. Aber auch der Hintergrund erscheint gut ausgearbeitet und gleichzeitig genügend Freiraum für persönliche Inspiration bietend. Am liebsten möchte man gleich seine Ausrüstung zusammenpacken und auf ein Phönix-Larp fahren. Ein rundum gelungenes Buch.

Markus Goedecke



Softcover | Erschienen: 01. Oktober 2005 | ISBN: 9783938922057 | Preis: 14,90 Euro | 176 Seiten | Sprache: Deutsch

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