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Wir schreiben das Jahr 1020 nach Bosparans Fall, welches auch das Jahr 27 nach Hal ist. Der finstere Dämonenmeister Borbarad sendet seine finsteren Diener aus und schickt sich an, mit seinen Verbündeten und seinen ghulischen Horden gegen das nördliche Aventurien zu ziehen. Einer dieser Verbündeten ist der Graf Uriel von Notmark, der schon seit einiger Zeit Truppen aushebt, Söldner anheuert, die bornischen Bronnjaren in einen "Trutzbund des Nordens" pressen will und auch vor einem Pakt mit den Goblins nicht zurückschreckt. Allerdings weiß "die alte Warzensau", wie Uriel zärtlich genannt wird, selbst noch nicht, wer sein scheußlicher Gönner in Wahrheit ist, der all diese Unternehmungen zu finanzieren weiß. Unterdessen bringt der geheimnisvolle "Herr Lamertien" den Gemahl der sewerischen Adelsmarschallin durch Spielschulden in persönliche Abhängigkeit und befiehlt ihm, einen alten, mit Schwanenflügeln geschmückten Harnisch von Uriels Burg Notmark zu stehlen, auf das die Schuld beglichen sei. Ein verkanntes, mächtiges Artefakt? Wo sich so viel Bosheit und Heimlichkeit tummeln, ist das Licht bekanntlich nicht all zu fern: Die Gräfin Thesia von Illmenstein, eine der "zehn gefürchtesten Klingen Aventuriens" und Verwandte von Arvid von Geestwindskoje, träumt eine scheußliche Vision von zukünftigen Schrecken. Sie mobilisiert die ihr treu ergebenen Adligen gegen einen Feind, den sie nicht kennt. Als sie davon hört, das Uriel einen "bornischen Trutzbund" schmieden will und offenbar auch vor Mord am Hause Ouvenmas nicht zurückschreckt, begibt sie sich unmittelbar und allein nach Notmark, nicht wissend, dass sie bereits von der Jägerin zur Gejagten geworden ist ...
Der Horchposten-Verlag hat sich dem epischen Werk von Ulrich Kiesow, dem geistigen Vater vom Rollenspiel "Das Schwarze Auge", angenommen und vorsichtig wie liebevoll, aber auch konsequent, den Kürzungsstift angesetzt. So entstand als Hörbuch der erste Teil von "Das zerbrochene Rad", der zweite wird wohl spätestens bis zum Herbst 2007 erscheinen.
Da dem Rezensenten die literarische Vorlage leider nicht bekannt ist, wird hier nur auf die Umsetzung als Hörbuch eingegangen; genauer gesagt auf die gekürzte Fassung mit einer Gesamtspielzeit von 470 Minuten, welche auf CD veröffentlicht worden ist. Die ungekürzte Fassung mit 930 Minuten Laufzeit kann vom CD-Käufer kostenlos einmal heruntergeladen werden; beziehungsweise steht sie dem Online-Käufer ebenso zum Kauf wie die gekürzte Fassung.
Wer die davor veröffentlichten DSA-Hörbücher kennt, konnte sich schon von der professionellen Produktion und der guten Sprecherleistung überzeugen. Erneut übernimmt Axel Ludwig den Sprecher und alle männlichen Stimmen, die weiblichen werden von Carolin Schmitten übernommen. Ludwig hat in den vorhergegangen DSA-Hörbüchern gezeigt, was er kann und enttäuscht auch hier nicht. Die Rolle des Sprechers bewältigt er gut und unaufgeregt, obwohl sich das Sprechtempo natürlich dem Tempo der Handlung anpasst. Er ist sehr gut verständlich und macht es von daher leicht, der Handlung zu folgen. Den männlichen Figuren haucht er, trotz deren Vielzahl, genug Unterscheidbarkeit ein. Carolin Schmitten hat schon beim Hörbuch zu "Der Scharlatan" die weiblichen Rollen übernommen, hat also schon DSA-Erfahrung. Auch beim vorliegenden Produkt erledigt sie diese Aufgabe sehr gut, sodass man insgesamt von einer technisch gelungenen Produktion sprechen kann. Der einzige kleine Kritikpunkt hier sind die wenigen musikalischen Zwischentöne, die sich ruhig noch etwas verbessern dürfen.
Die Handlung entwickelt sich erst einmal etwas langsam, eine epische Epoche will halt mit genug Muße begonnen werden. "Das zerbrochene Rad" wurde von Ulrich Kiesow kurz vor seinem plötzlichen Tod noch vollendet und stellt sein Endwerk da, literarisch wie inhaltlich. Schließlich geht es um nichts anderes als das Erscheinen des Dämonenmeisters Borbarad und dessen schrecklichen Horden. Diese Geschehnisse läuteten damals eine weit reichende Veränderung von Aventurien ein, beim vorliegenden Teil geht es aber noch recht gezügelt vonstatten. Einige Figuren aus "Der Scharlatan" tauchen auch im zerbrochenen Rad wieder auf, sodass man von einem indirekten Nachfolger sprechen kann. Dem Leser beziehungsweise Hörer, der diese Figuren, namentlich Gerion, Selissa, Arvid und Algunde, schon kennen und lieben gelernt hat, wird dies freuen. Interessant, weil eher selten, ist das slawische Setting. Die Handlung wird oft aus der Sicht der kleinen Leute erzählt, was das Mitfühlen enorm erleichtert. Besonders gelungen ist die Beschreibung der ersten Schlacht gegen die Dämonenhorden - und das nicht nur, weil sie ein einfacher Mann erzählt. Selten gab es eine so gute und unter die Haut gehende Beschreibung einer Schlacht; es handelt sich um eine der gelungensten Szenen dieses ersten Teils. Etwas verwunderlich sind hingegen die etwas sehr modernen Ansichten bezüglich Volk und Adel, etwas weniger wäre stimmiger gewesen.
"Das zerbrochene Rad - Dämmerung" kann schwerlich einzeln betrachtet werden, es bildet ganz klar den Auftakt des Gesamtwerkes; die Trennung der Publikationen folgt übrigens der der Taschenbuchausgabe. Die Figuren werden, zum Teil wie schon erwähnt erneut, eingeführt und die ersten Handlungsstränge in Gang gesetzt. Die Kürzungen scheinen der Spannung eher gut getan zu haben, nie wirkt die Handlung gehetzt. Im Gegenteil, sogar in der gekürzten Fassung wird zum Beispiel ein Brettspiel erstaunlich lang beschrieben. Der Hörer sollte ein gewisses Interesse an aventurischen Intrigen mitbringen, ansonsten wird es erst später interessanter. Kenner Aventuriens sind im Vorteil, kennen sie die Figuren doch schon aus diversen Abenteuern und Romanen; aber auch Neu-Einsteiger können der Handlung folgen. So liegt ein gelungener Auftakt zum Epos vor, das insgesamt gesehen sicherlich das Potential hat nicht nur den DSA-Fans zu gefallen. Und das die ungeschnittene Fassung für die Käufer der CD-Fassung kostenlos zum Download zur Verfügung steht, ist eine wirklich gute Sache.