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Als
Wizard of the Coast im Frühjahr 2002 einen Wettbewerb ins Leben rief, bei dem es um die Gestaltung einer neuen Kampagnenwelt ging, wurden sie von Einsendungen förmlich erschlagen. 11.000 mehr oder minder seriöse Vorschläge flatterten in die Briefkästen der Küstenzauberer. Manche kamen von professionellen Spieleentwicklern, andere von einfachen Spielern und Spielleitern. Nach einem aufwendigen Ausleseverfahren, bei dem die Anzahl der Beiträge immer weiter sank, entschied man sich letztlich für
Eberron von Keith Baker, da diese Welt auf der einen Seite frisch und voll von neuen Einfällen war, doch andererseits auch das typische D&D Flair transportierte. Also genau das Richtige, um das 30jährige Jubiläum dieses Ur-Rollenspiels zu feiern.
Nun, drei Jahre nach der Bekanntgabe dieses Wettbewerbs, liegt auch die deutsche Übersetzung dieses Werkes vor, das es ein wenig intensiver zu beleuchten gilt.
Dabei wende ich mich zuerst dem Wichtigsten zu, nämlich dem Inhalt.
Die kurze aber knackige
Einleitung geht noch mal ein wenig genauer auf den Wettbewerb von
Wizard of the Coast ein, um dann schon einmal die Atmosphäre und die Welt von Eberron in ein paar knappen Sätzen vorzustellen. Sehr nett und nützlich sind auch die "10 Dinge, die Sie wissen sollten", bei denen es sich um zehn Fakten handelt, die jeder Spieler und Spielleiter über Eberron wissen sollte. Gerade für den Beginn einer Kampagne, bei der den Spielern die Welt noch nicht so geläufig ist, sehr aufschlussreich.
Das erste Kapitel widmet sich den
Spielbaren Völkern von Eberron. Neben den üblichen Verdächtigen (Menschen, Elfen, Halb-Elfen, Halb-Orks, Gnome, Zwerge, Halblinge) kann man in Eberron auf vier weitere Rassen zurückgreifen.
Die
Kalashtar sind ein Volk, das aus zwei verschiedenen Wesenheiten gebildet wurde.
Es sind sozusagen Symbionten, die aus einem Menschen und einer körperlosen Entität aus der Domäne bestehen. Sie ähneln äußerlich den Menschen und besitzen einige psionische Kräfte.
Die
Wandler sind Nachfahren von Menschen und Werwesen. Sie sind keine reinen Lykanthropen, auch wenn sie tierische Eigenschaften und Kräfte haben, so können sie sich jedoch nicht in ein Werwesen verwandeln. Die
Wechselbälger wiederum sind aus der Verbindung von Menschen und Gestaltwandlern entstanden. Sie können ihr Aussehen leicht verändern und somit ihre wahre Identität verschleiern. Die letzte und stimmigste Rasse aus Eberron sind die
Kriegsgeschmiedeten, ein Volk von Konstrukten, das für den Krieg gebaut wurde und nun in den Zeiten des Friedens den Status von intelligenten und fühlenden Wesen zugesprochen bekommen hat.
Regeltechnisch machen alle in Eberron präsentierten neuen Rassen einen sehr guten Eindruck; sie sind gut ausbalanciert und bieten alle interessante Ansätze.
Im zweiten Kapitel geht es gleich weiter mit dem Thema der
Charakterklassen.
Neben einer Beschreibung der "alten" Grundklassen und ihrer Rollen im Eberron-Konzept gibt es hier eine neue Charakterklasse zu bewundern: den Magieschmied.
Vorweg sollte gesagt sein, dass die Magie in Eberron einen besonderen Stellenwert hat und beinahe zum alltäglichen Leben dazu gehört, wie heutzutage bei uns die Elektrizität.
So werden die Strassen durch magische Laternen beleuchtet, während die Blitzbahnen - Eisenbahnen, die durch Magie angetrieben werden - durch das Land fahren. Es befinden sich viele magische Gegenstände im Lauf, meist mehr nützlich als machtvoll, die unter anderem von Magieschmieden hergestellt werden. Obwohl diese Magiehandwerker keine Zauber sprechen können, sind sie trotzdem in der Lage, magische Gegenstände und Konstrukte herzustellen. Außerdem können sie Kriegsgeschmiedete reparieren (was soviel bedeutet, dass sie die Konstrukte heilen können, da das mit "normaler" Magie nicht möglich ist).
Obwohl die Klasse ein wenig Einarbeitung benötigt (gerade bei der Herstellung von magischen Gegenständen), gefiel sie mir auf Anhieb. Sie bietet viele Möglichkeiten und sollte, gerade in Verbindung mit einem Kriegsgeschmiedeten in der Gruppe, viel Vergnügen bereiten.
Das dritte Kapitel wirft die Frage auf
Was Helden ausmacht und gibt sogleich die Antwort mit einer sehr netten (wenn auch nicht ganz neuen) zusätzlichen Regel: den Aktionspunkten, mit denen die Spieler die Würfelwürfe zu ihren Gunsten verändern können. Dabei können die Spieler pro Aktionspunkt ihren Fertigkeits- oder Angriffs- oder Rettungswurf um einen sechsseitigen Würfel verbessern. Ähnliche Regeln kamen schon bei anderen D20-Produkten vor, wie bei
D20 Modern oder
Mutants & Masterminds und haben diesen Systemen dadurch einen Tick mehr Actionlastigkeit beschert. Genau das war sicherlich auch der Grund, warum man diese Regel in Eberron hinein genommen hat, bei dem man ja das Bestreben hatte, eine actiongeladene Fantasywelt zu erschaffen, in der die Helden auch heldenhafte Taten durchführen. Ein weiterer wichtiger Bestandteil des Kapitels sind die Talente und hier besonders die Talente, die sich um die Drachenmale drehen; Tätowierungen, die bei den Angehörigen bestimmter Familien erscheinen und ihnen besondere Fähigkeiten verleihen. Doch auch die normalen Talente sind vielseitig, interessant und passen sehr gut in die Atmosphäre von Eberron. Natürlich findet man hier auch spezielle Talente für Wandler oder Kriegsgeschmiedete. Den Abschluss des Kapitels bildet ein Pantheon, das sich, für D&D eigentlich unüblich, nicht an den Rassen orientiert, sondern vielmehr ein allgemeines Götterpantheon darstellt, bei dem jede Gottheit einen bestimmten Bereich abdeckt.
Das vierte Kapitel bringt dem Leser acht neue
Prestigeklassen näher.
Sie wurden natürlich allesamt an den Hintergrund angepasst und wissen größtenteils zu gefallen. Besonders gelungen fand ich den Meisterdetektiv, Eberrons Version von Hercule Poirot, ein Experte für messerscharfe Schlussfolgerungen, der mehr auf seinen Verstand setzt als auf die Klinge seiner Waffe. Einzig das Fehlen einer Prestigeklasse für den Magieschmied fand ich ein wenig unglücklich.
Das die
Magie einen wichtigen Bestandteil des alltäglichen Lebens bei Eberron darstellt, hatte ich bereits erwähnt, und auf diese Tatsache wird in Kapitel Fünf noch einmal genauer eingegangen. Dabei lernt der Leser die verschiedenen magischen Dienstleistungen kennen wie die Heilung, das Transportwesen, bei dem fliegende Schiffe, Blitzbahnen oder gar Teleportation genutzt werden, oder auch die magische Kommunikation.
Der nächste Abschnitt dieses Kapitels setzt sich mit der Kosmologie von Eberron auseinander, die aus verschiedenen Existenzebenen besteht. Doch anders als bei
Greyhawk oder den
Vergessenen Reichen sind hier die Ebenen ständig in Bewegung und kreisen wie Planeten um die materielle Ebene von Eberron.
Nach der Beschreibung der verschiedenen Ebenen gibt es noch eine Zauberformelliste für den Magieschmied, ein paar neue Domänen und Zaubersprüche.
Kapitel Nummer Sechs wendet sich weltlicheren Dingen zu, nämlich der
Ausrüstung für Abenteurer. Wie der Name es verrät, gibt es hier jede Menge neuer Waffen, Rüstungen und Ausrüstungsgegenstände. Doch auch über Unterkunft und Verpflegung oder Dokumente gibt es hier zu lesen, denn im Gegensatz zu den meisten anderen Fantasywelten ist es auf Eberron von Vorteil, Ausweispapiere bei sich zu tragen. Abschließend werden noch ein paar spezifische Arten von magischem Holz (Schwebeholz, Dichtholz ...) vorgestellt, die für die Herstellung von magischen Gegenständen sehr beliebt sind.
Das siebte Kapitel ist das eigentliche Herzstück von
Eberron, denn hier erfährt man Näheres über das
Leben in der Welt. Hierbei setzen die Autoren um Keith Baker den Fokus auf
Khorvaire, einen Kontinent, der voller Gefahren und Abenteuer steckt und somit einen idealen Spielplatz für die Charaktere bietet. Nach einer kurzen Einführung in die Zeitrechnung von Eberron geht es weiter mit einer generellen Beschreibung der Lebenszustände in Khorvaire. Dabei lernen wir die bewegte Geschichte des Kontinents kennen und bekommen einen Einblick in das tägliche Leben.
Auf den folgenden fast hundert Seiten bekommt der Leser die Beschreibungen der verschiedenen Nationen von Khorvaire. Manche werden kurz angeschnitten, während auf andere näher eingegangen wird, doch alle stecken sie voller origineller Ideen und bieten massenhaft Abenteueransätze. Es wäre zu müßig, alles im Detail vorzustellen, doch einige Beispiele sollen genannt werden. So gibt es beispielsweise ein Volk von nomadisierenden Halblingen, die auf Dinosauriern reiten, und von den restlichen Nationen als unzivilisiertes Pack betrachtet werden. Es gibt eine Nation von Elfen, die ihre untoten Kriegshelden verehren. Es gibt Wüsten, ein düsteres Schluchtenlabyrinth, ein totes Land, in dem die Leichen nicht verwesen, Regenwälder, alte Ruinen, alles was das Spielleiterherz begehrt. Erstaunlicherweise wirkt, trotz des breiten Spektrums der Einfälle, das Ganze nicht zusammengesetzt, sondern wie aus einem Guss. Teilweise sind die Beschreibungen noch ein wenig oberflächlich, doch bei zwei bis vier Seiten pro Nation bleibt das nicht aus. Es werden sicherlich auch noch detailliertere Regionsquellenbücher folgen.
Der Gesamteindruck dieses Kapitels ist hervorragend, wenn auch noch ausbaufähig.
Das achte Kapitel bespricht einige
Organisationen, die ausnahmslos in das Konzept von Eberron passen und eine gute Figur als Feindbild oder als unterstützende Organisation abgeben dürften. Auch die Drachenmalhäuser werden hier näher vorgestellt.
Kapitel Nummer Neun gibt dem Spielleiter Tipps und Tricks mit auf dem Weg, um
Eine Eberron Kampagne zu leiten. Die Vorschläge sind wirklich nett und nützlich, eignen sich aber eher für unerfahrene Spielleiter, die beim Aufbau einer Kampagne Hilfe benötigen.
Das zehnte Kapitel trägt den Titel
Magische Gegenstände und listet etliche dieser hilfreichen Objekte auf. Dazu gibt es noch ein paar Eberron-spezifische Dinge wie Komponenten für Kriegsgeschmiedete oder spezielle Elementarverzauberungen für Waffen und Rüstungen.
Im elften Kapitel treffen wir auf einige neue
Monster, die alle sehr gut ausgearbeitet und passend zur Hintergrundwelt gestaltet worden sind. Besonders gefallen haben mir die Homunkuli, Konstrukte, die von Magiern oder Magieschmieden gebaut wurden, um sie zu unterstützen. Sehr schön ist auch die Idee der Lebenden Zauber, bei denen es sich um Zaubersprüche handelt, die zum Leben erweckt wurden (Lebende Todeswolke ...).
Das letzte Kapitel beinhaltet ein Abenteuer für Stufe 1-Charaktere, das sie in
Die vergessene Schmiede führt. Das Szenario ist nett, wenn auch relativ einfach gestrickt. Es eignet sich aber gut dazu, seine Gruppe in die Welt von
Eberron einzuführen.
Die Gestaltung und das Layout von der
Eberron Kampagnenwelt gehört zu dem Besten, das mir bisher in die Finger gefallen ist. Es macht wirklich Freude durch das Buch zu blättern und sich an den durchgehend exzellenten Illustrationen zu ergötzen. Zugegebenermaßen sind die Zeichnungen sehr comicartig, bunt und ganz anders als beispielsweise die Illustrationen der
Vergessenen Reiche-Reihe. Doch sie passen sehr gut zu dem Konzept von Eberron und mich spricht dieser Stil auf jeden Fall an.
Was die
deutsche Überarbeitung der
Eberron Kampagnenwelt angeht, so muss man wieder einmal ein dickes Lob an das Team von Feder und Schwert aussprechen, auch wenn beim Korrektorat der eine oder andere Fehler durchgegangen ist (Lykantroph statt Lykanthrop). Die Tatsache, dass bei der 400-seitigen deutschen Ausgabe die Errata bereits eingearbeitet wurden und vor allem die sehr hübsche Faltkarte von Khorvaire - die in der englischen Ausgabe nicht dabei war -, lassen aber über gelegentliche Rechtschreibfehler hinwegsehen.
Als
Fazit möchte ich eine uneingeschränkte Kaufempfehlung für dieses sehr gelungene Werk aussprechen. Es ist den Küstenzauberern wirklich gelungen, eine originelle und interessante Kampagnenwelt zu gestalten, die auch noch sehr hübsch verpackt daher kommt. Wer mit den bisher erschienen Hintergrundwelten für D&D nichts anfangen konnte, sollte auf jeden Fall einen Blick in die
Eberron Kampagnenwelt werfen.
Für die Höchstnote reicht es trotzdem nicht, denn wer oder was ist schon perfekt? So gibt es auch hier einige kleine Wermutstropfen, die dem Spielspaß allerdings keinen Abbruch tun. Die
Eberron Kampagnenwelt macht auf jeden Fall Lust auf mehr.