Heutzutage besteht das Leben meist aus Hektik und Stress. Man ist, was man ist, der Titel zählt, nicht die Persönlichkeit. Es gibt immer etwas zu erledigen und der Job füllt einen meist zu einem großen Teil aus. Man arbeitet, um Geld zu verdienen und in der Welt zurecht zu kommen. Wo ist da noch der Platz für Gott? Wie soll man in dieser Welt den Platz in sich für ihn finden?

Henri Nouwen beschäftigt sich genau mit diesem Thema. In seinem Vorwort erzählt er, wie er seinen Freund, dem er dieses Buch gewidmet hat, kennenlernte und was die beiden verbindet. Er erzählt von seinen eigenen Minderwertigkeitskomplexen und davon, dass es normal ist, an Gott zu zweifeln oder ihm die Frage nach dem Warum zu stellen. Der Titel "Du bist der geliebte Mensch" ist die Hauptthese des Autors, die er dann Stück für Stück verfeinert und begründet. Aber nicht nur, dass er seine These festigt, er hilft dem Leser auch auf dem Weg hin zum geliebten Menschen.

Obwohl das Buch nur 128 Seiten enthält, kann man dessen Inhalt nicht wirklich zusammenfassen. Eigentlich steht auf jeder Seite etwas wichtiges, das den Leser auf vielfältige Art und Weise berührt. Henri Nouwen benennt das, was vielen auf dem Herzen liegt, aber nur wenige aussprechen: Wie kann man in der heutigen Welt religiös leben? Er gibt sogar dem Zweifel einen Platz, da er seiner Meinung nach dazu gehört. Für den international bekannten geistlichen Autor ist es wichtig, die Dinge auszusprechen und Antworten auf die Fragen zu finden. Dabei greift er nicht nur auf die Bibel zurück, sondern vor allem auf Erfahrungen, die er im Laufe seines Lebens gemacht hat.

Dieses Buch ist ganz gewiss keine lockere, unterhaltsame Lektüre, die man während des Eindösens nebenbei lesen kann. Man sollte sich viel Zeit für dieses Buch nehmen und niemals zu viel auf einmal lesen. Das Gelesene möchte nicht nur gelesen, sondern auch bedacht und vor allem verstanden werden und an vielen Punkten im Buch wird den Leser das Gefühl überkommen, es am liebsten in die Ecke zu werfen, weil es genau das anspricht, was einen innerlich bewegt und was unter Umständen sehr schmerzhaft sein kann.

Wer nicht an Gott glauben möchte, sollte dieses Buch nicht kaufen. Wer aber an Gott glauben möchte und sich die Frage nach dem religiösen Leben in der heutigen Welt stellt, ist mit diesem Buch ebenso gut beraten wie diejenigen, die an Gott glauben möchten, es aber nicht können und am Glauben ebenso wie an sich selbst zweifeln. Gerade die letzte Gruppe der Leserschaft sollte sich dieses Buch zu Herzen nehmen, denn auch wenn es am Anfang möglicherweise fremd auf den Leser wirkt, so wird man es am Ende gerne weiterempfehlen und mit einem Lächeln den neuen Tag begrüßen. Selbst derjenige, der vorher einen großen Bogen um religiöse Bücher gemacht hat und mit der Bibel nicht sonderlich viel anfangen kann, wird in diesem Buch etwas finden, das ihn ganz persönlich anspricht.

Fazit:
Henri Nouwen schafft es mit diesem Buch, den Glauben zu festigen und den Zweifelnden eine Stütze zu sein. Dafür kann man ihm einfach nur Danke sagen!