Zwei Mal schon erzählte der britische Autor Terry Pratchett seinen treuen Fans und Lesern ein "Märchen von der Scheibenwelt", das vom Werden und Heranwachsen der jungen Hexe Tiffany Weh handelte. Nun legt der Schöpfer der berühmten Scheibenwelt ein weiteres Märchen vor, "Der Winterschmied", und erzählt darin erneut von Tiffanys Abenteuern. Interpretiert wird die gekürzte Hörbuchfassung von Boris Aljinovic.

Seit drei Monaten lebt die Nachwuchshexe Tiffany Weh nun schon als Schülerin bei der 113 Jahre alten Fräulein Verrat. Damit hat sie es bereits um ein Vielfaches länger ausgehalten als alle anderen jungen Hexen vor ihr, denn Fräulein Verrat ist ein wenig unheimlich und die meisten ihrer Schülerinnen sind bereits in ihrer ersten Nacht wieder fortgelaufen. Doch Tiffany ist fest entschlossen, durchzuhalten.
Eines Nachts, mitten im Winter, nimmt Fräulein Verrat Tiffany mit zu einem Morisken-Tanz. Und obwohl ihre Mentorin ihr einbläut, das Geschehen lediglich aus der Ferne zu beobachten, kann Tiffany ihre Füße nicht im Zaum halten - ehe sie es sich versieht, hat sie einen Platz in dem Reigen eingenommen und tanzt schwungvoll mit. Das zieht die Aufmerksamkeit des Winterschmiedes auf sich, der sich kurzerhand in die junge Hexe verliebt. Doch sollte der Herr des Winters sich eigentlich - wie jedes Jahr - mit der Sommerfrau zusammentun, damit das Gleichgewicht der Jahreszeiten im Einklang bleibt. Aber der Winterschmied denkt nun weder an die Sommerfrau, noch daran abzuziehen und dem Frühling Platz zu machen. Stattdessen wirbt er mit allen Mitteln um die Gunst Tiffanys - und wenn der Herr des Winters mit allen Mitteln wirbt, dann ist das nicht unbedingt angenehm ...

Wie schon bei seinen vorangegangenen "Märchen von der Scheibenwelt" weiß der Hörer auch hier nicht recht: Hat Terry Pratchett diese Geschichten für Jugendliche - Kinder sogar? - oder Erwachsene konzipiert? Eine befriedigende Antwort ergibt sich aus der Erzählung selbst nicht, besteht sie doch zum einen aus einem sehr kindgerechten und unterhaltsamen Handlungsverlauf, zum anderen jedoch aus spitzzüngigen und gesellschaftskritischen Kommentaren und Bemerkungen, die oft auf einer höheren Ebene zum Ausdruck kommen und in ihrer Tragweite von jüngeren Lesern vermutlich gar nicht verstanden werden können. Doch vielleicht ist "Der Winterschmied" tatsächlich ein Buch für beide Lesergruppen, und während sich die Jüngeren allein an der Geschichte erfreuen können, finden ältere Leser in ihr eine Erzählung, die zum Nachdenken und Reflektieren anregt. Eines tut "Der Winterschmied" auf jeden Fall, egal ob jung oder alt: Er unterhält fabelhaft. Dabei fehlt natürlich auch die gesunde Portion an Humor nicht, die für die mittlerweile mehr als dreißig "Scheibenwelt"-Romane aus der Feder Terry Pratchetts so charakterisierend sind.
Bereits seit einigen Produktionen - "Kleine freie Männer", "Ein Hut voller Sterne", "Klonk!" - hat der Schauspieler Boris Aljinovic die Aufgabe übernommen, die humoristisch-satirischen Werke des britischen Bestseller-Autors zu interpretieren und in Szene zu setzen, und damit als Sprecher die Nachfolge von Dirk Bach - unter anderem "Der fünfte Elefant" und "Der Zeitdieb" - und Peer Augustinski - "Die Nachtwächter" und "Ab die Post" - angetreten. Und Aljinovic steht dabei seinen Vorgängern in Nichts nach: Gekonnt entführt er seinen Hörer in die bizarre und zugespitzte Welt Tiffany Wehs und schafft es, Pratchetts zahlreichen Pointen punktgenau und mit viel Feingefühl herauszuarbeiten. So entsteht ein unterhaltsames Hörbuch, dessen Spaßfaktor fast sechseinhalb Stunden andauert. Lediglich die Musikuntermalung macht Boris Aljinovic einen Strich durch die Rechnung, da er gegen die allzu modernen Töne zu sehr ankämpfen muss. Hier wäre vielleicht eine Hintergrundmusik effektiver gewesen, die gegen den verdrehten Grundton der Erzählung kontrastiert hätte anstatt diesen noch zu verstärken.

Fazit:
Ein humorvolles und unterhaltendes Hörbuch mit kleinen Schwächen, das sowohl jüngeren als auch älteren Hörern Vergnügen bereiten kann und von Boris Aljinovic wunderbar gesprochen wird.