Noch ist es wohl zu früh, von einem dauerhaften Frieden in Nordirland zu sprechen; aber die jüngsten Ereignisse - die Bildung einer gemeinsamen Regierung von Protestanten und Katholiken - geben Anlass zur Hoffnung, dass die blutigen Tage des Nordirlandkonflikts gezählt sind. Dies fällt zusammen mit einer Epoche, in der es der gesamten irischen Insel so gut geht wie nie zuvor. Irland, jahrhundertlang das "Armenhaus" Europas, Emigrationsland und gebeutelt von Hungersnöten und blutigen Kriegen, ist heute ein wohlhabender, moderner Staat mit vorbildlicher wirtschaftlicher Entwicklung, der nach wie vor durch seine Landschaft und seine eigene Kultur fasziniert.
Der schmale Band aus der UTB-Reihe ermöglicht es vor allem Studenten der Anglistik, sich einen raschen Überblick über die Geschichte, Literatur und Kultur Irlands zu verschaffen. Der bekannte Anglist Rolf Breuer hat auf knapp 240 Seiten die bedeutendsten historischen, politischen und kulturellen Wegmarken Irlands pointiert zusammengefasst. Er geht dabei strikt chronologisch vor, beginnt mit der Ur- und Frühgeschichte, behandelt ausgiebig die keltische Ära und die Christianisierung, um dann die wachsende Abhängigkeit der Insel von ihrem mächtigen Nachbarn Großbritannien dazustellen. Spätestens mit den schonungslosen Feldzügen Oliver Cromwells im 17. Jahrhundert gerät Irland ganz unter die Knute der Engländer, und Irland wird zu einer Art Kolonie. Das kulturelle Selbstverständnis der Iren bleibt allerdings ungebrochen; große Namen wie Jonathan Swift, George Bernard Shaw, W.B. Yeats und James Joyce künden noch heute vom gewaltigen Beitrag Irlands zur Weltliteratur, vor allem in Form des anglo-irischen Romans. Sehr ausführlich beschäftigt sich Rolf Breuer auch mit der jüngsten irischen Geschichte, der Unabhängigkeit der irischen Republik im Jahr 1921, dem Aufstieg und Wandel der IRA von einer Befreiungsarmee zur Terrororganisation und den entsetzlichen Gräueln, die sich seit dem "Bloody Sunday" von 1972 Protestanten und Katholiken gegenseitig antaten. Immer wieder aber blendet Breuer zu den großen Protagonisten der irischen Kunst und Literatur über, etwa Edna OBrien oder Nobelpreisträger Seamus Heaney.
Ergänzt wird diese kompakte, exzellent geschriebene Darstellung durch eine Zeittafel, eine topaktuelle Bibliographie (die auch Webportale und Internetseiten nicht auslässt) und einem üppigen Index. Damit wird Breuers Buch zu einem unverzichtbaren Handbuch für Anglisten und Philologen, die sich mit Irland und seiner Kultur beschäftigen wollen: reduziert auf das wirklich wichtige, aber umfassend in seiner thematischen Breite.