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Der gotische Baustil kam zuerst in Frankreich auf und wurde vor allem für eindrucksvolle Sakralbauten verwendet, die auch heute noch manches Stadtbild prägen. Das vorliegende Buch befasst sich mit der Geschichte und den Besonderheiten der berühmtesten gotischen Kathedralen Frankreichs sowie Kathedralen im zwischenzeitlich deutschsprachigen Raum, die durch französische Baumeister geprägt wurden.
In der Einleitung werden die Bedingungen geschildert, die im hochmittelalterlichen Frankreich herrschten und zur Entstehung der Gotik und dem Bedürfnis nach sakralen Prachtbauten führten, auch findet sich hier eine kurze Zusammenfassung des späteren Schicksals vieler gotischer Kathedralen. Das erste Kapitel befasst sich mit der Abteikirche von Saint-Denis bei Paris, denn diese Kirche ist der erste Bau komplett im gotischen Stil und diente für die danach errichteten Kathedralen als Vorbild. Folgerichtig geht es im zweiten Kapitel um die Funktion der gotischen Kathedralen als Himmlisches Jerusalem und um die symbolische und funktionelle Bedeutung der Bauelemente sowie der Ausstattung. Dieses Kapitel schildert zudem die üblichen Abläufe am Bau und dessen Finanzierung.
Im dritten Kapitel werden die frühen gotischen Kathedralen vorgestellt, darunter jene in Sens, Noyon und Notre-Dame in Paris, während das vierte Kapitel die so genannten "klassischen" Kathedralen präsentiert, zum Beispiel Chartres und Reims. Den Kathedralen im Norden ist ebenso wie denen des französischen Südens ein eigenes Kapitel gewidmet; beide Regionen waren während des Mittelalters wechselhaften Geschicken unterworfen, insbesondere der Süden, der unter der Auseinandersetzung der katholischen Kirche mit den Katharern zu leiden hatte. Diese Wirren schlugen sich auch im Kathedralenbau nieder.
Im letzten Kapitel wird die Geschichte einiger Kathedralen vorgestellt, die nahe der oft umkämpften Grenze zwischen Frankreich und dem Deutschen Reich stehen, zum Beispiel Straßburg und Köln, und in denen sich die Formensprache der französischen Gotik nochmals wunderbar präsentiert.
Das Streben gotischer Architekten und Bauherren nach dem perfekten Abbild des Himmlischen Jerusalems in der Kombination aus filigranem Maßwerk, bunten Fenstern und Figuren sowie einem Entwurf, der den Eindruck von Höhe und lichtdurchfluteter Weite erweckt, wird in diesem Buch ebenso gut dargestellt wie die praktischen Probleme, mit denen die Kathedralenbauer Frankreichs konfrontiert waren: Die notwendigen Gelder konnten nur mühsam, oft über den Ablasshandel, organisiert werden, Kriege brachten die Tätigkeit an halbfertigen Kathedralen über Jahrzehnte zum Erliegen, und nicht selten stürzten Teile des Baus aufgrund von mangelhafter Statik, Materialmängeln oder übersteigertem Ehrgeiz zusammen, wobei häufig Todesopfer zu beklagen waren. Ein langer Weg führte von Saint-Denis bis Chartres, Reims und Köln - und der Autor zeigt auf, dass auch in der Zeit nach der Fertigstellung, sofern es überhaupt dazu kam, zahllose Schwierigkeiten für fast jede der gotischen Kathedralen drohten. Die geringsten darunter waren notwendige Sanierungen, denn nicht nur die Verwitterung, sondern vor allem Kriege und die Revolution setzten den Gebäuden zu, freilich je nach Region in ganz unterschiedlicher Weise. Entsprechend packend und individuell liest sich die Geschichte jeder der besprochenen Kathedralen von den ersten Plänen an. Zugleich vermittelt das Buch einen intensiven Eindruck vom Lebensgefühl im Mittelalter, in dem die Religion und deren Repräsentation einen zentralen, selten hinterfragten Stellenwert innehatten.
Das Buch ist reich und schön bebildert mit Fotos von Außen-, Innen- und Detailansichten, Grundrissen der Kathedralen und Schnittzeichnungen von Bauteilen. Auch versucht der Autor, das ursprüngliche Aussehen und die dadurch erzielten Lichteffekte anhand heutiger Erkenntnisse nachzuvollziehen, waren doch Maßwerk, Säulen, Figuren und andere Bauelemente farbig bemalt.
Der Anhang enthält außer einem Literaturverzeichnis eine Zeittafel, in der sowohl zentrale Ereignisse aus dem Kathedralenbau als auch aus dem politischen Bereich aufgeführt werden, und ein Glossar der historischen und kunsthistorischen Begriffe, die im Buch Verwendung finden, sodass keine Fachkenntnisse zur Lektüre erforderlich sind.
Menschen, die sich für die gotische Architektur oder auch generell für das Mittelalter interessieren, insbesondere in Frankreich, werden an diesem Buch viel Freude haben, denn die detaillierte Geschichte jeder einzelnen der bedeutenden französischen Kathedralen vermittelt ein lebendiges Bild des mittelalterlichen Lebensgefühls und der faszinierenden Baukunst dieser Epoche.