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Es gibt nur wenige Berufsgruppen, die ein ähnlicher Schleier des Unheimlichen umgibt, wie es bei dem Broterwerb des Scharfrichters der Fall ist. Bereits im Mittelalter führte er eine Existenz am Rande der Gesellschaft, wurde gefürchtet und gemieden. Ein Fehler in seinem Geschäft oder unsaubere Arbeit konnten auch für ihn das Todesurteil bedeuten. Man kann wohl behaupten, dass er in seiner abendländischen Ausprägung eine wesentliche Rolle bei der Entwicklung unserer westlichen Kultur gespielt hat. Heute kennt man den Henker größtenteils als unheimlichen Antagonisten aus Horrorfilmen und -romanen. Michael Kirchschlager, Adept mittelalterlicher Kriminalgeschichte, hat seiner Bibliothek des Grauens mit "Blutvogt/Henker/Carnifex" ein Buch über die Kulturgeschichte des Henkers in Deutschland hinzugefügt.
Bei dem vorliegenden Band handelt es sich um eine überarbeitete Neuauflage des 1921 erschienenen Werkes "Der Scharfrichter in der deutschen Kulturgeschichte" des Wissenschaftlers Albrecht Keller. Es gliedert sich in zwei Teile mit insgesamt sechs Kapiteln samt Anhang. Der erste Teil befasst sich in zwei Kapiteln mit dem Strafvollzug vor der Einführung des Scharfrichteramtes, der umfangreichere zweite Teil in vier Kapiteln dagegen mit eben jenem. Der gesamte Text ist reichlich mit Fallbeispielen und Zitaten aus alten Werken geschmückt. Der Autor Albrecht Keller pflegt einen klaren und angenehm zu lesenden Schreibstil, lediglich die enthaltenen Zitate wurden in Originalform belassen, zeugen also teilweise von einem antiquierten Deutsch, was das Lesen hin und wieder erschwert. Die enthaltenen Informationen sind sehr interessant, wenngleich nicht alles präzise belegt werden kann. Da es jedoch nicht die Intention des Bandes ist, als wissenschaftliches Werk der Gegenwart aufgefasst zu werden, lässt sich dieser Aspekt vernachlässigen. Daran Interessierte werden sich durch das Buch aber womöglich angespornt fühlen, sich intensiver mit der Geschichte des Scharfrichters zu befassen und sich selbst nach geeigneter weiterer Lektüre umsehen.
Am Ende des Bandes sind Abdrucke von 16 Holzschnitten und/oder Kupferstichen enthalten, zu denen sich jedoch kein Abbildungsverzeichnis findet. Ein umfangreicher Fußnotenapparat schließt den Band ab. Hier hätte man sich noch eine kurze, aktuelle Auswahlbibliographie gewünscht, da die meisten im Text zitierten Werke wohl nur noch schwer erhältlich sein dürften.
Das Buch selbst kommt in der gewohnten Qualität der Kirchschlagerbände daher. Es ist ein Hardcover mit 256 Seiten, inklusive eines Lesebändchens.
"Blutvogt/Henker/Carnifex" reiht sich nahtlos in die von Michael Kirchschlager herausgegebenen Bände im Festa-Verlag ein. Die Aufmachung des Buches ist wie immer sehr zu loben. Kleinere Beanstandungen, wie das Fehlen einer Bibliographie, sind nicht nur für den Wissenschaftler interessant, auch der Laie würde sich über ein Literaturverzeichnis freuen. Neben Freunden der mittelalterlichen Kriminalgeschichte dürften auch Fantasy-Rollenspieler einigen Gefallen an dem Buch finden, enthält es doch einen guten Überblick über die Entwicklung und Geschichte des Scharfrichteramtes.