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Wer hätte gedacht, dass Engel so schlechte Verlierer sind? Längst bekommt die Hölle mehr Seelen ab, und bevor das Überhand nehmen kann, beenden die Himmelsbewohner einfach die Welt. Apokalypse. Das Jüngste Gericht. Der Vormarsch des Nichts. Bevorzugt kurz nach Studienabschluss.
So auch für Max Merkur, der soeben sein Magisterzeugnis in Philosophie erhalten hat. Er findet sich in einer großen Abfertigungshalle wieder, und dort vorne gehen Menschen durch ein Tor, in dem ihre künftige Bestimmung festgelegt wird - Himmel oder Hölle. Doch für Max ist aufgrund eines nicht wirklich zufälligen Missgeschicks weder das eine noch das andere drin.
Aber da ist ja noch der Teufel Lutherion VI. - ein schwarzer Teufel, um genau zu sein, und Mitarbeiter des teuflischen Sicherheitsdienstes (TSD). Er will Max für seine Sache gewinnen, denn eigentlich hat die Hölle gar kein Interesse an der Apokalypse. Das könnte an ihrer zunehmenden Beliebtheit bei den Menschen liegen oder auch an der Befürchtung, dass als nächstes die Hölle überflüssig werden könnte. Aber es gäbe eine Möglichkeit, die Welt der Menschen und anderer Lebewesen dauerhaft wiederherzustellen: Man müsste den Sinn des Lebens in die Weltformel implantieren. Da aber der Sinn des Lebens eine zutiefst philosophische Angelegenheit ist und teuflische Philosophen ... nun ja, weiter im Text. Man hat Petrus das Handy entwendet, mit dem man Zeitreisen machen kann, und damit machen sich Max und Lutherion auf den Weg, um einige Philosophen abzuklappern. Max trifft aber nicht nur auf Sokrates, Descartes und andere große Denker, sondern auch auf Höllenhunde, auf Wesen mit Elefantenköpfen und auf das absolute Böse - Grendl ...
Fantasyliteratur scheint in Deutschland nicht ohne Vergleiche auszukommen, der meist unzutreffende "Herr der Ringe"-Vergleich ist das beste Beispiel. Frank Schweizer wird nun für "Grendl" vom Otherworld-Verlag als "deutsche Antwort auf Terry Pratchett" angepriesen, und das schon mit seinem Debütroman. Das ist ein wenig hoch gegriffen, der Vergleich mit Robert Asprin, Craig Shaw Gardner, Robert Rankin oder dem Duo Zelazny/Sheckley (siehe
"Bringt mir den Kopf des Märchenprinzen") passt eher. Allerdings ist ein Vergleich nicht unangebracht, denn der Schweizersche Eigenanteil ist neben dem gut angeeigneten Stil der englischsprachigen Größen der humoristischen Fantasy nicht gerade überwältigend.
Besser, man spart sich die Vergleiche und ignoriert, was auf Buchrückseite und Klappentext geschrieben steht. Denn dann hat man ein wirklich unterhaltsames Buch vor sich und wird mit viel Humor, einem höllisch amüsanten Weltkonstrukt und viel Philosophiewissen gefüttert. Ersteres kommt zwar bisweilen recht brachial und klamaukig rüber, mancher Witz ist auch nicht unbedingt neu, allerdings muss man das Rad auch nicht neu erfinden, solange es rollt - meint bezogen auf "Grendl", solange noch die meisten Gags ihre Wirkung erzielen. Und so hält man sich zwar nicht den Bauch vor lachen, kommt aber aus dem Schmunzeln kaum heraus.
Die Welt, die Schweizer erschafft, ist für sich genommen gut durchdacht und bewirkt in ihrer Absurdität, dass man sich über die Handlung kaum wundert - sie passt einfach da rein und ist nachvollziehbar. Die Hölle, über die man in eingestreuten Kursiv-Passagen eine Menge erfährt, ist fast schon ein sympathischer Ort. Die Weltformel, die der Autor hier präsentiert, gehört zu den gelungensten Ideen des Buches und ist obendrein noch sehr nachvollziehbar. Und Schweizers Sinn des Lebens ist ein großer Lacher und verleitet zugleich, darüber nachzudenken.
Der Autor hat, wie seine Hauptfigur, Philosophie studiert, auch nach dem Studium in dieser Fachrichtung publiziert und kennt sich aus. Das merkt man, auch wenn man sich wünscht, die Passagen bei den einzelnen Philosophen seien ein wenig ausführlicher geraten. Schweizers philosophische Eigenleistung liegt neben dem wahren Sinn des Lebens vor allem in der nachvollziehbar vorgetragenen Überzeugung, dass allein die Vernunft die Welt zu retten vermag.
Hardcover, schicker Schutzumschlag, Lesebändchen, gute Szenen-Illustrationen zu Beginn jedes Kapitels von Jan Balaz, der auch das gute Cover kreiert hat ... Der Verlag hat nicht gespart, allerdings merkt man das auch an dem für den Umfang ziemlich hohen Preis. Weiterhin gibt es ein Register auftretender oder erwähnter Figuren, das man sich am besten durchliest, bevor man mit dem Roman beginnt - die kurzen Ausführungen zu den Figuren sind nur solange amüsant, wie man die Zusammenhänge nicht versteht, die in der Geschichte vermittelt werden.
"Grendl" ist mit seinen 175 Seiten ein guter Schmöker für zwischendurch, eine gelungene Satire auf christliche Weltuntergangsvorstellungen, die auch deswegen schnell gelesen ist, weil sie einen spätestens ab Sokrates nicht mehr loslässt, oder vielmehr, weil man sie dann nicht mehr loslassen kann. Humor, der vielleicht deshalb so gut funktioniert, weil er nicht deutsch ist, dazu einige Prisen Philosophie, vertrottelte Teufel und hinterhältige Engel, fertig ist eine lohnende, allerdings nicht billige Lektüre.