Der Roman "Hüterin des Drachen" von Carole Wilkinson spielt in einem antiken, aber auch fantastischen China.

Die Protagonistin Ping ist ein versklavtes Mädchen, das dem kaiserlichen Drachenhüter unterstellt ist. Der Kaiser hat vor langer Zeit verfügt, dass die Drachen weit von ihm entfernt am Huangling unterzubringen sind. Er hat Angst vor ihnen, denn in seiner Kindheit musste er mit ansehen, wie ein Drache seinen Vater biss.
Lan, der kaiserliche Drachenhüter, ist davon überhaupt nicht begeistert, er wollte in der Nähe des Kaisers sein und nicht am äußersten Ende des Kaiserreiches. Er ist unzufrieden mit sich selbst und seiner Situation. Voller Bosheit wälzt er alle Aufgaben auf Ping ab, er benutzt sie auch als persönliche Bedienstete. Eines Tages verstirbt ein Drache und Lan gerät in Panik, denn obwohl der Kaiser die Drachen nicht mag, lässt er die Hüter köpfen, wenn den Drachen etwas passiert. In der Nacht zerlegt Lan den Drachen, kocht sein Fleisch und entsorgt die Knochen, alles scheint gerettet, doch der Kaiser besucht zufällig Huangling und die Ereignisse überschlagen sich, Ping flüchtet mit dem verbleibenden Drachen Long Danzi und versucht zu überleben, zu reifen und das Geheimnis des Drachensteins zu lösen. Dabei stellen sich ihr allerlei Gefahren in den Weg.

Das Buch ist toll, die Story ist an sich gradlinig und spannend. Zwar nicht wirklich originell, aber dafür endlich mal wieder ein anständiges Gesamtwerk. Die Charaktere sind schön herausgearbeitet und erhalten eine entsprechende Tiefe. Es macht Spaß, Ping auf ihrem Weg zu begleiten und zu erleben, wie sie sich entwickelt. Was der Drachenstein wirklich bedeutet, was er ist, wird der Leser sehr schnell erschließen können, aber die Story drumherum bietet gute Unterhaltung.

Dieses Buch richtet sich an Kinder und Jugendliche, ist aber auch für Erwachsene geeignet. Besonders auf die jungen Leser wird jedoch Rücksicht genommen, die Kapitelüberschriften sind verschnörkelt dargestellt und kleine Drachen verzieren die Seite am Kapitelanfang. Die Schriftgröße ist so gewählt, dass auch Kinder gut alleine lesen können, ohne durch zu engen Druck demotiviert zu werden.
Eine Karte ist im hinteren Teil des Buches zu finden. Dort finden sich die wichtigen Orte wieder und man bekommt einen kleinen Überblick, wo sich die Geschichte abspielt.

Und diese Geschichte zeigt alle Zeichen guten Erzählens: Ping und Long Danzi machen Fehler, sie erreichen nicht sofort alles, was sie wollen. Sie vertrauen anderen und werden enttäuscht, es ist ein harter Weg für die beiden und der Leser bemerkt wie Ping langsam lernt. Sie übernimmt Verantwortung, vom kleinen Sklavenmädchen, das keinen Namen hat und sein Alter nicht kennt, bis sie zur "Hüterin des Drachen" wird. Das Ganze ist schön verpackt und mit einer Portion Humor abgerundet, denn Ping und der Long Danzi sorgen durchweg für Missverständnisse, über die man schmunzeln kann.

Sehr gut passen die beschriebenen Gebräuche und Traditionen in die Geschichte. Der Aberglaube oder auch die Regeln am Hofe des Kaisers schaffen es, dass dieses Buch nicht nur eine gute Geschichte erzählt, sondern auch eine gut abgestimmte. Dem Leser macht es Spaß, den beiden auf der Reise durchs antike China zu folgen und nicht nur eine Story ohne Hintergründe oder Einflechtung in eine Umgebung zu lesen.
Über China sagt man, dass dort viele Sprichwörter und Weisheiten herkommen, auch solche sind eingearbeitet und oft vom Drachen zu hören.

Ein sehr schönes Buch, mit einem ansprechend gestaltetem Cover, gut ausgearbeiteten Rollen und einer Portion Humor. Zu empfehlen für junge Leser und Freunde der Fantasy.