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 Shadowrun-Roman, Band 79: Fatimas Tränen

Serie: Shadowrun-Roman, Band 79
System: Shadowrun
Autoren: Alex Wichert
Verlag: Fantasy Productions

Cover
Gesamt ++++-
Anspruch
Brutalität
Gefühl
Humor
Preis - Leistungs - Verhältnis
Spannung


Eigentlich beginnt dieser Run wie so manch anderer. Jari, ein Schieber in London, nimmt von zwielichtigen Auftraggebern einen mehr als profitablen Job an. Er soll Artefakte mit dem Namen "Fatimas Tränen" bergen und sie an einen sicheren Ort bringen.
Doch mit diesem Job sind einige interessante Dinge verbunden. Zunächst gehören die Tränen zu einer muslimischen Sekte, dann gelten sie obendrein als sehr magisch und mächtig, und um das Ganze noch abzurunden, ist der sichere Ort im Norden Afghanistans zu finden. Trotz dieser Widrigkeiten sind die ausführenden Runner schnell gefunden. Flechette, eine italienisch-deutsche Runnerin, nimmt den Job an, aber nur, um ihrerseits einen Gefallen einzufordern. Einer ihrer Partner ist der junge Reynard, ein reiches, aufgepepptes Bürschchen aus gutem Hause, der aus Langeweile an der Bergungsaktion teilnimmt. Der dritte im Bunde ist Voiata, ein Adlerschamane, welcher schon früher in Afghanistan Geschäften nachging. Doch er scheint auch andere Pläne zu haben und eine eigene Rechnung begleichen zu wollen.

Trotz 78 zuvor erschienenen Romanen aus der Reihe "Shadowrun" hat sich, zum Glück, die Grundstruktur dieser Reihe nicht geändert. Ein Run ist zu erledigen, es werden Teilnehmer dafür gesucht und gefunden und natürlich gibt es Schwierigkeiten. Obwohl man vielleicht schon das eine oder andere vorausahnt und seine Erwartungen bestätigt fühlt, weicht diese Geschichte doch etwas ab.
Einerseits ist natürlich der Run vorhanden, damit auch die Runner und die Schwierigkeiten. Doch diesmal fügen sich die Personen so stark in die Geschichte ein, dass allein die Interaktion dieser untereinander einen Großteil des Romans ausmacht. Flechette, Reynard und Voiata sind so unterschiedlich, dass es erst mal einiges an Zeit in Anspruch nimmt, sie unter einen Hut zu bekommen. Der Autor hat sich sehr viel Mühe dabei gegeben, seinen Charakteren Gesicht und Form zu verleihen, dass diese sehr plastisch wirken. Sie haben Kanten und Ecken, passen sich nicht immer überall an und durch ihr Verhalten wirken sie auch sehr glaubhaft. Voiata als abgebrühter, erfahrener Adlerschamane, welcher mit seiner Vergangenheit konfrontiert wird, muss sich gegen den jugendlich agilen Reynard behaupten, während Flechette mal zwischen den beiden steht oder am Rande liegen gelassen wird. Konsequent arbeitet Wichert mit seinen Figuren. Voiata ist als Schamane nicht der nette Zauberkundige von der Ecke, sein Totem, der Adler, ist es ja auch nicht. Sehr schön wird hier dargestellt, wie sich der Schamane und sein Totem beeinflussen. Flechette würde gerne die ruhige, junge und adrette Frau sein, doch sie ist Runnerin. Sie lebt im Abseits und versucht, sich dort ein Stück heile Welt aufzubauen. Reynard als charismatischer, frecher junger Mann mimt auch nur bei seinen Eltern den guten Sohn. Eigentlich langweilt ihn sein Leben so sehr, dass er Grenzerfahrungen sucht und diese auch findet.
Der nächste Punkt, der diesen Roman ungewöhnlich macht, ist die starke Einbindung der Umwelt in die Geschichte. Sicherlich sollte man als Autor den Protagonisten eine Spielwiese geben, auf der sie sich austoben können, doch in "Fatimas Tränen" ist es anders. Die detailgenaue Beschreibung der Landschaft, der Topografie, des Klimas, der Kultur und der Traditionen wirkt sehr authentisch. Alex Wichert gibt die Landschaft Afghanistans mit einer Genauigkeit wieder, wie man sie teilweise von Karl May kennt; nur bei Wichert ist unklar, ob er in Afghanistan war oder nicht.
Die eigentliche Geschichte, der Run, gerät bei Charakteraktionen und Afghanistan relativ schnell in den Hintergrund, plätschert geradezu fröhlich nebenbei her.

Pauschal kann man nicht sagen, dass diese Geschichte spannend ist. Leider gibt es auch weniger schöne Seiten. Zu Beginn wirkt die Handlung konfus. Immer wieder beschleicht einen das Gefühl, mehrere Seiten überlesen zu haben, Handlungssprünge sind vorhanden und es fällt teilweise schwer, den Denkweisen der Charaktere zu folgen. Doch dieser Umstand gibt sich relativ schnell, da die Geschichte um die Artefakte nach hinten rückt. Je karger die Landschaft wird, desto besser kristallisieren sich die Handlungstreibenden heraus und ihre Beziehungen untereinander.

Gerade bei diesem Roman scheinen sich die Geister zu scheiden. Für die einen ein unspannender Shadowrun-Roman mit langatmigen Landschafts- und Personenbeschreibungen. Für andere stellt er gerade deswegen eine sehr schöne Bereicherung des Shadowrun-Universums dar. Wer sich abseits von massiv actiongeladener und mit Explosionen gespickter Sprawl-Problematik unterhalten lassen möchte, sollte hier zugreifen. Actionfans kommen hier allerdings nicht so sehr auf ihre Kosten. Dennoch sollte das Buch gelesen werden.
Auffällig ist noch, dass es auch bei "Fatimas Tränen", ebenso wie bei Wicherts erstem Roman "Kettenhund", keine Autoreninformationen am Anfang des Buches gibt. Dies ist deshalb auffällig, da es bei allen anderen deutschsprachigen Autoren für Shadowrun aus dem Hause FanPro gemacht wurde.

Dieser Roman ist gut, polarisierend, mit sehr vielen schönen herausgearbeitenden Szenen, welche zu fesseln vermögen. Für Shadowrun sehr ungewöhnlich.

Mit freundlicher Unterstützung von Fantasy Productions GmbH, www.fanpro.com und www.f-shop.de

Christoph Heibutzki



Taschenbuch | Erschienen: 01. April 2007 | ISBN: 9783890645131 | Preis: 9 Euro | 320 Seiten | Sprache: Deutsch

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