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 UML Benutzerhandbuch

Aktuell zur Version 2.0


Cover
Gesamt +++++
Anspruch


Einer weit verbreiteten Auffassung zufolge hat nur noch ein Bruchteil der modernen Softwaretechnik etwas mit tatsächlicher Programmiertätigkeit zu tun. Der Großteil des Arbeitsaufwands entfällt auf Analyse und Entwurf, darauf, die Anforderungen an ein Softwaresystem zu erkennen, zu beschreiben und umsetzbare Lösungen zu modellieren - ganz zu schweigen davon, möglichst parallel zur Implementierung bereits eine übersichtliche Dokumentation zu erstellen. Inwieweit diese Behauptung der Wahrheit entspricht, hängt sicher von der Größe der zu entwerfenden Software, sowie der Mentalität seiner Entwickler ab. Tatsache ist aber, dass kein ernstzunehmender Softwareentwickler - oder besser: kein Softwareentwickler, der ernst genommen werden will - heute noch ohne das Fachwerkzeug einer anerkannten Modellierungssprache auskommt.

Das Schlüsselwort zur Softwaretechnik heißt dieser Tage: Objektorientierung. Der objektorientierte Ansatz im Programmierbereich ist theoretisch seit den Siebzigern bekannt, begann sich aber erst im letzten Jahrzehnt des zwanzigsten Jahrhunderts und mit dem Siegeszug der (objektorientierten) Internetsprache Java wirklich durchzusetzen. Tatsächlich macht die Komplexität moderner Software eine prozedurale oder gar nur strukturierte Entwicklung nicht nur unpraktikabel, sondern nahezu unmöglich. Programme, die modernen Standards entsprechen sollen, lassen sich in rein funktionaler Programmierstruktur einfach nicht mehr realisieren; die objektorientierten Konzepte wie Geheimnisprinzip und Kapselung, und der grundsätzlich modulare Aufbau der Objektorientierung sind Grundvoraussetzung für qualitativ hochwertige und zuverlässige Software.

So sind seit den Achtzigern zahlreiche objektorientierte Methoden (Oberbegriff für Konzept, Notation und methodische Vorgehensweise) vorgestellt, eingesetzt und wieder vergessen worden. Nur wenige Notationen konnten sich tatsächlich durchsetzen - und bis Mitte der neunziger Jahre keine davon wirklich international. 1994 schließlich taten sich Crady Booch und Jim Rumbaugh, die Autoren zweier der erfolgreichsten Modelierungsmethoden zusammen, um die Unified Method aus der Taufe zu heben. 1995 stieß ein weiterer erfolgreicher Modellierer dazu: Ivar Jacobson half die Sprachnotation weiterzuentwickeln, die dann 1996 erstmals unter dem Namen UML und in der Versionsnummer 0.9 veröffentlicht wurde. In den Jahren darauf wurde die Unified Modeling Language zum anerkannten Standard in der objektorientierten Softwareentwicklung - gleichermaßen eingesetzt in der Analyse, im Entwurf und zwecks Dokumentation objektorientierter Software. Bis heute wird die UML kontinuierlich weiterentwickelt und liegt seit 2004 in der Version 2.0 vor.

Ein "Benutzerhandbuch", das sich mit den Schöpfern der UML als Autoren schmückt, kann das Thema also mit einiger Autorität beleuchten. Und wenn auf dem Buchrücken eine Kategorisierung für Fortgeschrittene vorgenommen wird, dann sollte der Leser sich dies auch zu Herzen nehmen. Booch, Rumbaugh und Jacobsen führen spürbar aus Sicht der Sprachkonstrukteure in ihre eigene Schöpfung ein. Von der ersten Seite an werfen die EDVler mit Fachausdrücken um sich und setzen Vorkenntnisse voraus, dass dem Laien schwindelig werden muss. Und auch der Fachmann wird so manchen Begriff erst nachschlagen - oder vielleicht googlen? - müssen. Allein die Hinführung zum Thema ist nur allzu deutlich aus Sicht von Profis geschrieben. Die ersten siebzig Seiten beziehen sich auf nichts anderes als der Architektur der Modellierungssprache UML selbst - inklusive einiger historischer und biografischer Eckdaten ihrer Schöpfer. Eine logische Einführung für jemanden, der sich stark mit der Materie befasst und vielleicht auch schon recht vertraut mit der UML ist und seine Kenntnisse hier nur vertiefen möchte. Für einen Einsteiger ist dieser Ansatz aber denkbar ungeeignet. So jemand muss über das Konzept der Klassen und Objekte an die UML herangeführt werden, über das Prinzip der Objektorientierung selbst.

Dazu kommt das Informatik-Trio aber erst im zweiten und dritten Kapitel, und das mit einer Gründlichkeit und einem Detailreichtum, wie man ihn sich als Informatiker nur wünschen kann. Jedenfalls, wenn man die UML von Grund auf und in ihrer ganzen Tiefe begreifen möchte. Da werden die objektorientierten Basiskonzepte, sowie die statischen Konzepte der UML in ihrer ganzen Komplexität vorgestellt: Klassen, Beziehungen, Mechanismen und Diagramme erstrecken sich auf weiteren siebzig Seiten, und legen den Grundstein für das Verständnis der Folgekapitel. Weitere fast hundert Seiten vertiefen den statischen Ansatz und ergänzen die bis dahin erläuterten Bausteine der UML um zahlreiche semantische Varianten. Schnittstellen, Typen, Rollen und Paket-Strukturen, Instanzen, Objektdiagramme und einen großer Abschnitt zum Thema Komponenten bilden die Basis der UML.

In den Kapiteln vier und fünf wenden sich die Autoren erwartungsgemäß dem dynamischen Modell der UML zu. Use-Cases, Interaktionen und Aktivitäten legen das Fundament der Verhaltens-Diagramme, die im fünften Kapitel mit Zustandsautomaten und zusätzlichen dynamische Aspekten, wie Threads und Prozesse, Ereignisse und Signale abgerundet werden. Das sechste Kapitel heißt "Modellierung der Architektur" und soll den letzten Schritt zur tatsächlichen Systementwicklung bereiten. Hier führen die Autoren noch einige weitere Diagramme ein, wie Artefakt- und Verteilungsdiagramm, und erläutern Muster und Frameworks, Artefakte und Kollaborationen. Das siebte Kapitel schließt mit einer umfangreichen, aber auf den Punkt gebrachten Zusammenfassung, die aber nur für diejenigen von Nutzen sein wird, die das Buch durchgearbeitet oder anderweitig bereits umfangreiche Kenntnisse mitbringen.

Up-to-date und schick aufgemacht, aber ohne irgendwelchen - durchaus wünschenswerten - Schnörkel, wie zum Beispiel einen Lesefaden, gibt es an der Aufmachung nicht viel auszusetzen. Übersichtlich gliedert sich das "UML-Benutzerhandbuch", Inhaltsverzeichnis und Vorwort außen vorgelassen, in sieben Teile: "Erste Schritte", "Grundlegende Modellierung der Struktur", "Erweiterte Modellierung der Struktur", "Grundlegende Modellierung des Verhaltens", "Erweiterte Modellierung des Verhaltens", "Modellierung der Architektur" und abschließend eine knapp fünfunddreißig Seiten starke "Zusammenfassung" der Materie. Ein Index und etwas Werbung für artverwandte Sachliteratur beschließen den Band.

Fazit: Ein Buch von Profis für Profis. Die Schöpfer der UML verfassten ein Standardhandbuch, das mit höchster Autorität in die Feinheiten der UML einführt. Für Studienanfänger oder Leute ohne jegliche Erfahrung mit UML, objektorientierter Programmierung und Softwartechnik eignet sich "Das UML-Handbuch" aber nicht. Hier werden nur Informatiker mit mehr als nur ein paar Grundkenntnissen wirklich bedient. Einen anderen Anspruch stellt das Buch allerdings auch nicht.

Raphael Zens



Hardcover | Erschienen: 01. März 2006 | ISBN: 9783827322951 | Originaltitel: The unified modeling language user guide | Preis: 49,95 Euro | 552 Seiten | Sprache: deutsch

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