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Im Jahre 1313, in einem bitterkalten Winter: Der junge Grimpow hält sich zusammen mit seinem älteren Freund Durlib, einem erfahrenen Gauner, mit kleineren Raubzügen über Wasser. Sein freies Leben möchte Grimpow nicht missen - doch es kommt zu einer einschneidenden Veränderung, als Durlib und Grimpow die Leiche eines offenbar erfrorenen Edelmannes finden. In dessen Besitz befindet sich neben diversen Reichtümern, die Durlib an sich nimmt, auch ein Brief mit einer sonderbaren Botschaft und ein Edelstein, den Grimpow erhält. Schon bei der ersten Berührung dieses Steins wird Grimpow von seltsamen Visionen ergriffen, die ihm merkwürdige Dinge zeigen und großes Wissen vermitteln. Er kann sogar den Inhalt des Briefes lesen, obwohl er eigentlich gar nicht lesen kann und die Schriftzeichen fremd sind. Weitaus erschreckender ist jedoch, dass sich der tote Körper plötzlich in Luft auflöst.
Grimpow und Durlib machen sich zur nahen Abtei Brinkum auf, um dort Pferde zu kaufen und mit den gefundenen Schätzen ein neues Leben zu beginnen. Es kommt jedoch anders, denn plötzlich treffen Reiter der Inquisition, angeführt von dem Dominikanermönch Burumar de Gostelles, im Kloster ein. Sie sind anscheinend auf der Suche nach dem verschwundenen Edelmann. Durlib gelingt es, die Inquisitoren mit einer List vom Kloster weg zu leiten, während Grimpow in der Obhut des alten Klosterbruders Rinaldo zurückbleibt. Dieser gibt dem Jungen in seiner verborgenen Bibliothek eine Einführung in die Geschichte der Tempelritter, der Alchemie und des sagenhaften Steins der Weisen. Grimpow, der dem Mönch nichts von dem seltsamen Stein in seinem Besitz erzählt hat, ahnt nun was es mit dem kleinen Gegenstand auf sich hat. Eine abenteuerliche Reise quer durch Europa beginnt: Grimpow versucht, das Geheimnis des Edelsteins zu lüften und die Aufgabe des Toten weiterzuführen. Doch natürlich haben auch andere Interesse an dem Stein: niemand anderes als der spanische König und der Papst wollen den sagenhaften Stein, der Weisheit, Macht und Wissen verheißt, besitzen …
Der Autor Rafael Ãbalos hat sich mehreren Romanen für Erwachsene in Spanien einen großen Namen gemacht; "Grimpow" ist sein erster Jugendroman. Der Klappentext verheißt, dass das Buch bereits vor seinem Erscheinen für "Furore auf dem internationalen Buchmarkt" gesorgt habe. Dies sorgt beim Leser natürlich für hohe Erwartungen - die aber leider nicht eingelöst werden. "Grimpow" liest sich trotz des tollen Starts und der spannenden Ausgangssituation zumindest teilweise unglaublich langatmig. Die ersten 150 Seiten verbringt Grimpow im Kloster und hört sich seitenlange Abhandlungen über die Templer und den Stein der Weisen an. Dass man solcherlei historisches und kulturelles Hintergrundwissen durchaus spannend und ansprechend auch für Kinder und Jugendliche aufbereiten kann, hat zum Beispiel der deutsche Autor Rainer M. Schröder vielfach bewiesen. Rafael Ãbalos jedoch entlockt mit seinen zähen Ausführungen sicherlich so manchem jungen Leser ein kleines Gähnen. Zwar wird der Aufenthalt im Kloster durch einen grausamen Mord "aufgelockert", aber auch danach nimmt die Geschichte keinesfalls an Tempo zu. Wirft man einen Blick auf die Seitenzahlen, stellt man erschrocken fest, dass nun schon 180 Seiten verstrichen sind - und Grimpow immer noch im Kloster festsitzt. Erst dann geht die große Suche endlich los. Die Idee, jungen Lesern mittelalterliche Historie, Denkweise und Philosophie in Form eines Abenteuerromans näher zu bringen, ist natürlich gut - aber die Umsetzung hinkt hier teilweise und weiß nicht wirklich mitzureißen.
Zudem nerven die Dialoge teilweise, weil die Personen sich merkwürdig benehmen - in einer Sekunde flüstern die Sprechenden angespannt, dann reißen sie im nächsten Satz die Augen weit auf, um im übernächsten in schallendes Gelächter auszubrechen - vielleicht auch ein Fehler der deutschen Übersetzung? Diese sprachliche Macke nervt mit der Zeit jedenfalls gehörig - der Autor hätte sich den Rat zu Herzen nehmen sollen, dass man mit den einfachen Ausdrücken "sagte" und "fragte" in langen Dialogen oft besser fährt, als ständig "trocken nachzuhaken", "erregt zu fragen" oder "schlagfertig zu antworten". Immerhin lässt diese Holprigkeit im Laufe der Erzählung nach, die Geschichte wird flüssiger erzählt.
"Grimpow" ist ein im Mittelalter angesiedelter Jungendroman mit einem Schuss Mystik und Abenteuer, der einiges an historischem und auch ein wenig an philosophischem Wissen vermittelt. Er ist allerdings nur für lesebegeisterte Jugendliche geeignet, die mehrere hundert Seiten lang am Ball bleiben können, ohne sich zu langweilen, da der Roman erst recht spät an Fahrt aufnimmt. Den Vorschusslorbeeren und überschwänglichen Lobenshymnen anderer Kritiker wird "Grimpow" leider nicht gerecht.