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Java ist dieser Tage wohl die am weitesten verbreitete und erfolgreichste Programmiersprache der Welt. Als Internetsprache begann Mitte der Neunziger ihr bis heute ungebrochener Siegeszug, in deren Verlauf Java zunehmend auch C++ als "die" objektorientierte Programmiersprache ablöste. Seitdem ist Java gewachsen und, man könnte sagen, gereift. Von Anfang an reservierte die Firma Sun Microsystems einige Schlüsselwörter vor, die vielleicht zukünftig noch mit einer Bedeutung belegt werden könnten, und ließ auch sonst Raum für Erweiterungen und Verbesserungen. Das Ziel: Einmal in Java geschriebene Programme sollten für kommende Versionen aufwärtskompatibel sein. Um das an einem Beispiel zu erklären: Ein zufällig gewählter Variablenname in der ersten Version sollte nicht Schlüsselwort in der sechsten sein.
Und soweit sind wir inzwischen. Seit Ende 2006 liegt Java in der Fassung 6.0 vor. Und wenn die Seitenzahl eines (guten) Sachbuchs Aufschluss über den Umfang der Thematik gibt, dann ist das Java 6 - Kompendium ein schöner Beleg für den Umfang, den die Programmiersprache Java inzwischen einnimmt. Wäre ein Autor 1996 bei vergleichbarer Gründlichkeit vielleicht noch mit vierhundert Seiten ausgekommen, brauchen Dirk Louis und Peter Müller zehn Jahre später mehr als dreimal soviel Platz. Die Themenauswahl reicht von den einfachsten Basisgrundlagen, wie sie jede höhere Programmiersprache kennt - Datentypen, Operatoren, Kontrollstrukturen - über den kompletten objektorientierten Ansatz und die grafische Programmierung, bis hin zu Collections, Prozessen, Datenbanken und Internetprogrammierung.
Die beiden Autoren wenden sich von der ersten Seite an an jene Leserinnen und Leser, denen es mit der Java-Programmierung wirklich ernst ist. In den ersten vier Kapiteln, zusammengefasst als Teil eins von insgesamt sieben, und dem vorangegangenen Vorwort, befassen sie sich sowohl mit der Historie als auch mit den grundlegendsten Eigenheiten der Programmiertätigkeit an sich. Erst darauf folgen im zweiten Teil und nach fast hundert Seiten die Java-Grundlagen. Hier wird auf knapp über zweihundert Seiten ausführlich zusammengefasst, was man über einfache Java-Programmierung wissen muss. Mit anderen Worten, dieser Teil genügt dem Einsteiger bereits um zu einen echten Java-Programmierer zu werden. Zwar noch zu keinem, der groß in die Software-Entwicklung einsteigen könnte, sich aber durchaus im Umgang mit strukturierter und prozeduraler Programmierung auskennt, und auch schon ein wenig von Objektorientierung versteht - ohne die in Java gar nichts geht.
Und dem widmet sich mit sechs Kapiteln Teil drei des Kompendiums: "Objektorientierte Programmierung in Java". Ausgehend vom objektorientierten Gedankenmodell und den wesentlichen objektorientierten Basiskonzepten Vererbung, Polymorphie (spätes Binden), abstrakte Klassen und Interfaces, bis hin zu den generischen Klassen (templates) - eine aus C++ übernommene Neuerung in Java 6. Auch die Fehler-/Ausnahmebehandlung hat in diesem Abschnitt des Buches Platz gefunden, der mit einem zwanzigseitigen Kapitel zum allgemeinen Programmieren mit Objekten schließt.
In Teil vier findet der wahrscheinlich Windows-gewöhnte Anwender endlich die Grundlagen der GUI-Programmierung (GUI = Graphical User Interface). Obwohl es heute tatsächlich und zum Glück, möchte man sagen, gang und gebe ist, grafische Benutzeroberflächen mit entsprechenden grafischen Entwicklungstools zu erstellen, sollte jeder, dem es ernst ist mit Java, diesen Teil gründlich durcharbeiten. Ohne ein tieferes Verständnis dessen, was bei der Programmierung von Fenstern und Menüs vonstatten geht, lassen sich auch mit der besten unterstützenden Software nur mäßige Ergebnisse erzielen. Und damit ist in Sachen Java-Programmierung zunächst das Wichtigste gesagt. Der folgende fünfte Teil geht der Materie auf den Grund: Collections, Threads und der sichere Umgang mit den Systemresourcen und alles andere, womit sich ein Informatik-Student früher oder später quälen muss, werden hier im nötigen Umfang aufgeführt.
Der sechste Teil des Buches lautet "Spezielle Programmiergebiete" und ist für manchen Leser vielleicht optional. Wer Datenbanken an seine Programme anbinden will, Netzwerkprogrammierung betreiben möchte oder Applets für das Internet erstellen will, der findet hier das nötige Fachwerkzeug. Das Buch schließt erwartungsgemäß mit den Anhängen - Teil sieben. Hier werden die Zahlensysteme erläutert, die den Java-Datentypen zugrunde liegen und viele nützliche Tabellen aufgeführt, in denen auch der erfahrene Anwender von Zeit zu Zeit nachschlagen wird.
LouisÂ’ und Müllers Java-Kompendium ist detailreich und bis an die Schmerzgrenze ausführlich, vollständig und vor allem aktuell. Wobei zumindest der letzte Anspruch über kurz oder lang verloren gehen wird. Mit verständlichen Erklärungen, einfachen und komplexen Beispielen sowie vielen Grafiken und Screenshots vermitteln die beiden Autoren ihr Fachgebiet mit einer Gründlichkeit, die alle wahrhaft Interessierten wunschlos glücklich machen wird. Wer hingegen auf den schnellen Einstieg hofft und nur ein bisschen über die Grundlagen der Java-Programmierung erfahren möchte, wird sich auch dann überlastet fühlen, wenn er sich auf die ersten beiden Teile des Buches beschränkt. Denn auch hier gehen die Autoren der Materie so vollständig auf den Grund, wie nur eben möglich.
Ergänzend zur Lektüre ist auf der beiliegenden CD der gesamte Source-Code für alle im Buch vorgestellten Beispielprogramme enthalten. Zusätzlich werden hier gleich mehrere Entwicklungsumgebungen und Programme zur Verfügung gestellt, die sich der Leser andernfalls im Internet zusammensuchen müsste. Auch die Standard-Datenbanksoftware MySQL ist dabei. Der korrekte Umgang damit wird übrigens ebenfalls in den Anhängen näher erläutert.
Fazit: Ein schönes dickes Java-Buch für alle, die es wirklich wissen wollen. Auf über eintausendzweihundert Seiten erfährt der angehende Java-Programmierer alles, was er zum Thema wissen muss - und noch manches mehr. Für den bereits etwas erfahreneren Anwendungsentwickler erweist sich das Kompendium hingegen als zuverlässiges Nachschlagewerk, das auf dem neusten Stand über alle Kniffe der populären Programmiersprache aufklärt.