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Inigo Balboa und Diego Alatriste verlassen die
Jesus Nazareno, eine mächtige spanische Galeone. Sie haben die Entbehrungen der langen Seefahrt, die zahllosen Kämpfe gegen Holländer, Engländer und Portugiesen überlebt und freuen sich darauf, in Cádiz an Land zu gehen.
Doch kaum haben sie festen Boden unter den Füßen, erwartet sie ein Brief ihres alten Freundes Franceso de Quevedo Villegas. Er bittet sie, auf schnellstem Wege nach Sevilla zu kommen und ihn aufzusuchen. Ein Auftrag harrt ihrer, der sie mit einem Schlag aus ihrer Bredouille befreien kann. Denn weder die Soldatenzeit in Breda, wo sie Flamen totgeschlagen haben, noch ihre Zeit auf See wurde mit genügend Gold belohnt, die nächsten Monate zu überstehen. Das alte, niedergehende Spanien achtet seine treuen Soldaten nicht, wie die beiden wissen.
Ihr alter Freund, Dichter, Trinker und Degenfechter - zur Zeit beim König, seinem getreuen Begleiter, dem Grafen von Guadalmina und dem mächtigen Günstling des Königs, Herzog von Olivares, hoch angesehen - bringt sie mit dem Schatzmeister Olmedilla zusammen. Und was der ihnen anvertraut, ist in seiner Tragweite brandgefährlich für alle Mitwisser. Wer diesen Auftrag nicht mit Erfolg abschließt, kann sein Testament machen und sich Gott anempfehlen. Diego, Inigo und zwölf Getreue, die Hauptmann Alatriste anwerben muss, sollen ein Schiff der Westindienflotte, die in einer Woche zurückerwartet wird, überfallen und die geheime Fracht an sich bringen.
Dass dieser Auftrag ihr aller Ende bedeuten wird, wenn nur ein einziger Zeuge von ihrem Unterfangen weiß oder davon berichten kann, ist allen Beteiligten klar. Dennoch nimmt Alatriste an. Er ist Spanien und dem König treu ergeben, auch wenn dieser von ihm kaum Notiz nehmen und ihn noch viel weniger entlohnen wird als es ihm gebürt.
Die verwegenen Veteranen ahnen nicht, wie gefährlich das Spiel ist, auf das sie sich eingelassen haben.
Im Jahre 2000 erschien "El oro del Rey", im Deutschen unter dem Titel "Das Gold des Königs", in einem Sammelband mit dem Roman "El Caballero del Jubón Amarillo" zusammengefasst.
Nach drei Romanen, die sich mit den Abenteuern des Hauptmann Alatriste befassten (Rezension siehe (
hier ), war dies die von einer großen Leserschaft lang ersehnte Fortsetzung.
Wieder bettet Arturo Pérez-Reverte die Romanhandlung in einen historischen Kontext ein und läßt wie nebenbei ein Sittengemälde der damaligen Zeit entstehen. Mit bewundernswerter, manchmal fast nerviger Detailtreue werden Zeit, Menschen und Vorgänge auf das Genaueste dargestellt. Leider kommt die eigentliche, sehr spannende Romanhandlung, die sich mit dem Abenteuer des Hauptmanns und seines Mündels Inigo Balboa befasst, nur sehr langsam in Fahrt. Fast verliert sich die Geschichte in historischen Betrachtungen und ausschweifenden Schilderungen des damaligen Lebens.
Dem Autor gelingt es jedoch, diese Darstellung so interessant und lebendig zu gestalten, dass man hinnimmt, auf das zentrale Abenteuer zu warten. Und wenn dies erst einmal in Schwung kommt, liest man atemlos bis zu seinem blutigen Ende.
Nichts wird beschönigt, kaum ewas ausgelassen. Ob Folter, Hurerei oder Mord und Totschlag, die Zeit der Knebelbärte, die Zeit des Untergangs des spanischen Weltreichs werden in all ihren Facetten beleuchtet und fast süffisant betrauert. Die ergreifende Melancholie dieses Untergangs, die zum zentralen Anliegen des Autoren gerät, begeistert und fesselt den Leser.
Im Anhang werden verschiedene Gedichte und historische Texte aufgelistet, die Dichtkunst und Moral der damaligen Zeit beleuchten. Hier muss man dem Übersetzer Ulrich Kunzmann Respekt zollen, der es vermocht hat, auch schwierigste Verse einem deutschen Publikum näher zu bringen.
Auch wenn kaum einhundert Seiten des zweihundertdreißig Seiten langen Abenteuers "Das Gold des Königs" wirklich spannend sind und dem Leser den Atem rauben, muss man dieses Buch als Leser der ersten Abenteuer rund um Hauptmann Alatriste gelesen haben. Es wirkt wie ein historisches Dokument einer untergegangenen Zeit - nicht nur für spanische Melancholiker, sondern auch für deutsche Realisten.