Poker hat seit den ersten Fernsehübertragungen einen Riesenhype in ganz Europa ausgelöst, ganz besonders ist dieser bei uns in Deutschland spürbar. Drei frei empfangbare Sender zeigen Poker, einer der größeren Sender veranstaltet regelmäßig eine Pokernacht mit einem gewissen Stefan R. Da war es nur eine Frage der Zeit, wann die großen Werke der Pokerliteratur auch in deutscher Übersetzung in den Handel kamen. Zu diesen Klassikern gehört David Sklanskys "The Theory of Poker", und weil es so viele Pokerspieler unter diesem Titel kennen, ist er auch gar nicht mitübersetzt worden.

David Sklansky erklärt in 25 Kapiteln die Pokerwelt, beginnt nicht mit Grundregeln oder ähnlich Anfängerlichem. Er gibt einen Grundsatz aus, der, wenn man ihn sich richtig durchdenkt, schon das Spiel eines Spielers verbessern kann. Man muss einfach so spielen, wie man es täte, sähe man alle Hände am Tisch, und die anderen sollte man dazu bringen, dass sie genau das nicht machen, also anders spielen, Fehler machen. Na, das ist doch schon mal was.
Und dann geht Pokerprofi Sklansky in die Vollen. Erwartungswerte und Pot Odds, Deception, Free Cards und Semi-Bluffs, da hagelt es die Fachbegriffe des Pokerspiels, aber keine Angst, das meiste wird schon erklärt, und wenn man gerade mal nicht weiß, was eine Pat Hand beim 5-Card-Draw ist - übrigens die Pokervariante, die man aus den alten Western kennt - dann schaut man halt in das Glossar am Ende des Buches, das solche Begriffe gut erklärt.

Über die Kapitel geht Sklansky immer wieter ins Detail, erklärt alle klassischen Pokerwaffen, vom hinterhältigen Check Raise bis zum trockenen Bluff, und auch, wie man sich ihrer erwehrt. Dabei bringt er eine Menge Beispiele, diese allerdings immer wieder aus den nicht gar so bekannten Varianten wie Stud und Razz und immer auch dem Draw-Poker. Dabei geht er bis in die Spieltheorie und kramt auch den Satz von Bayes aus der Wahrscheinlichkeitsrechnung heraus, der eine oder andere mag ihn noch aus der gymnasialen Oberstufe kennen.

Wer dieses Buch durch hat, ist noch lange kein guter Pokerspieler, denn davor steht erst mal das Begreifen. So ganz leicht und unkompliziert ist das nämlich nicht, was der Herr Sklansky da zu Papier gebracht hat. Da muss man auch mal einen Absatz zweimal lesen, um ihn wirklich zu verstehen. Aber das ist kein Manko, denn das, was man versteht, ist wirklich von großer Schärfe und Intelligenz. Allerdings gibt es auch eins dieser fiesen Mankos. Zu über neunzig Prozent wird in Deutschland No Limit Texas Hold’em gespielt. Vieles, was für die ganzen oben genannten Limit-Varianten wichtig ist - und nur die Hold’em Varianten, egal ob Texas oder Omaha, werden Pot Limit oder No Limit gespielt - ist bei No Limit nicht so wichtig oder wird gar anders gerechnet, anders gedacht. Deswegen kann es bei diesem Buch auch nur um die wirkliche Unterfütterung der eigenen Pokerfähigkeiten mit Theorie gehen. Die Einordnung der einzelnen Ideen ins eigene Spiel muss dann vorsichtig betrieben werden, denn hier geht es nicht so wirklich um praktische Tipps für jedermann, sondern um das theoretische Wissen, dessen Verständnis mit der Zeit den guten Pokerspieler formt.

Für jeden, der mit Poker nicht zu viel Geld verlieren will, ist der durchaus gut gewürzte Preis dieses Buches eine gute Investition in die Zukunft, nicht weil man sofort zu einem 1A-Turnierspieler wird, sondern weil man ein größeres Verständnis für die Mechanismen des Spiels erwirbt. Und die sind von der Pokervariante unabhängig. Für Anfänger gilt: Abstand halten, erst mal eine allgemeine Einführung lesen und vor allem ein paar Dutzend Stunden pokern, dann kann man dieses Buch auch verstehen.