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Ein neuer Fall für das Londoner Morddezernat: im Vorgarten eines Hauses wird unter den Steinplatten der verweste Leichnam eines Mädchens aufgefunden - ausgerechnet in einem Stadtteil, wo es seit einiger Zeit mächtig brodelt. Die überwiegend schwarze Bevölkerung fühlt sich nach einem Justizskandal diffamiert, und zwar aus rassistischen Motiven. Da passt es ins Bild, dass das Mordopfer ein junges schwarzes Mädchen ist und der mutmaßliche Täter (der Vorbesitzer des Hauses) ein Weißer. Chief Inspector Jane Tennison (Helen Mirren) muss also bei den Ermittlungen mit Fingerspitzengefühl agieren, um nicht den Zorn der Bevölkerung zu erregen. Ein rassistischer Beamter in ihrem eigenen Ermittlungsstab macht die Sache nicht leichter, und auch nicht ihre Kurzzeitaffäre mit ihrem schwarzen Kollegen Robert Oswalde (Colin Salmon) während eines Lehrgangs. Als Oswalde überraschend den Ermittlungen zugeteilt wird, ist das Jane Tennison überhaupt nicht recht. Zumal die Zeit rennt; der Hauptverdächtige David Harvey (Tom Watson) ist sterbenskrank, und Robert Oswalde versteift sich auf eine eigene Mordtheorie, laut der ein anderer Täter in Frage kommt: ein schwarzer Jugendlicher, der mit dem Opfer befreundet war.
Da dem ersten Teil der Krimiserie "Prime Suspect" im Jahr 1991 ein riesiger Erfolg im britischen Fernsehen beschert war, war es nur eine Frage der Zeit, bis ein weiterer Teil erschien. Schon ein Jahr später wagte sich Helen Mirren als erster weiblicher Chef des Londoner Morddezernats an ihren zweiten Fall, an die "Operation Nadine". Und wieder gelingt es der Serie - diesmal unter der Regie von David Strickland -, eine konsequent spannende und zugleich tiefschürfende Episode zu erschaffen. Wo Chief Inspector Jane Tennison im ersten Teil der Serie mit den Intrigen ihrer männlichen Kollegen zu kämpfen hatte, überzeugt dieser zweite Teil vor allem durch das mehrbödige Spiel mit dem alltäglichen Rassismus der britischen Gesellschaft. Die Fronten verlaufen durchaus nicht nur zwischen Schwarz und Weiß; als in einer Schlüsselszene der schwarze Ermittler Robert Oswalde den ebenfalls schwarzen Verdächtigen Tony Allen befragt, nimmt er diesen "besonders hart ran", um sich ja nicht den Vorwurf machen zu lassen, er begünstige Allen aufgrund seiner Hautfarbe. Dadurch löst Oswalde allerdings eine Katastrophe aus ...
Hervorzuheben ist weiterhin die schauspielerische Leistung, die in diesem zweiten Teil der Serie zu beobachten ist. Neben Helen Mirren, die der Hauptfigur Jane Tennison erneut eine Vielschichtigkeit verleiht, die ihresgleichen sucht, sind auch die Nebenrollen exzellent besetzt. Besonders beeindrucken dabei Tom Watson in der Rolle des todkranken Hauptverdächtigen Dacid Harvey (die Befragung durch Helen Mirren im Krankenhaus ist eine der intensivsten Szenen, die ich in einem Fernsehkrimi gesehen habe) und George Harris in der Rolle von Vernon Allen, dem Vater des zweiten Verdächtigen, der vom Schicksal gebeutelt wird und dies doch mit stoischer Ruhe erträgt. Großartig!
Es bleibt dabei: "Prime Suspect" ist eine der besten Krimiserien der 1990er. Zwar kann sie ob ihrer Düsternis, ihres oft beklemmenden Realismus und der nicht selten expliziten Bilder nicht jedem empfohlen werden; doch wer gute Dialoge, eine ausgeklügelte Story und überdurchschnittliche Schauspielkunst schätzt, muss einfach zugreifen. Zwar kommt auch diese zweite Box ohne Extras daher, aber da neben der deutschen Tonspur auch die englische Originaltonspur beiliegt, Bild und Ton insgesamt einen guten Eindruck machen und diese Serie einfach eine unschätzbare Bereicherung für das DVD-Regal ist, ist das zu verschmerzen. An "Prime Suspect" à la "Heißer Verdacht" kommt der Liebhaber gediegener Fernsehkrimis nicht vorbei, schon allein wegen der oscarprämierten Hauptdarstellerin.