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Alanna von Trebond ist wild, verwegen und stur. Ihr Zwillingsbruder Tom hingegen ist nachdenklich, schüchtern und leicht entmutigt. Verzweifelt sträubt sich das Mädchen gegen eine Ausbildung in einem Kloster und ihr Bruder will keinesfalls Ritter werden.
Doch ihr Vater, ein vergeistigter Gelehrter, hat es so beschlossen und schickt die zehnjährigen Kinder fort. Da kommt Alanna eine verwegene Idee. Wenn sie sich die langen roten Haare abschneidet und wie Tom kleidet, kann kaum ein Mensch die Geschwister auseinanderhalten. Die Dorfheilerin, die eine Schwäche für die magisch talentierte Alanna hat, stimmt überraschend dem Plan zu und auch ihr Bruder Tom ist einverstanden.
Zwar ist ihr "Aufpasser" und Begleiter Correm entsetzt als er den Betrug unterwegs bemerkt und will Alanna auf der Stelle zurückbringen, doch sie kann ihn überzeugen, dass sie selbst dem alten Kämpfer in der Hauptstadt Totall mehr Ehre einbringen wird als ihr eher ängstlicher Bruder Tom.
So beginnt die Ritter-Ausbildung, die härter und fordernder nicht sein kann. Die klein gewachsene, eher schwächliche, meist aufsässige Alanna hat große Probleme sich dem Druck und der harschen Disziplin zu beugen. Doch ihr Durchsetzungsvermögen, ihre Sturheit und ihre erfrischende Art, die Dinge beim Namen zu nennen, ebnen ihr viele Wege. Sie freundet sich mit fast allen Knappen des Schlosses an. Sogar Prinz Jonathan, Thronfolger und einziger Sohn Herzog Gareths, wird ihr Freund. Auch der König der Diebe, den Alanna zufällig in der Stadt bei einem ihrer Streifzüge trifft, fühlt sich zu "Alan", wie sich Alanna als Knappe nun nennt, hingezogen und wird ihr treuester Gefährte.
Da bricht das Schwitzfieber über die Stadt und das Schloss herein. Alle erkranken der Reihe nach an dieser oft tödlichen Krankheit und die Heiler werden immer schwächer. Alanna traut sich nicht, zu offenbaren, dass auch ihr die Gabe zu Heilen in die Wiege gelegt wurde.
Da erkrankt Prinz Jonathan als letzter der Bewohner des Schlosses an dem Fieber. Und wenige Tage später ist jede Rettung unmöglich und selbst der oberste Heiler sieht den Tod des Prinzen nahen ...
Das Kinder- und Jugendbuch von Tamora Pierce, erstmals im Original 1983 erschienen, ist seit 1990 auf dem deutschen Buchmarkt erhältlich.
Das spannende Abenteuer rund um ein Kind, das kein Mädchen sein will und verkleidet eine Ritterausbildung beginnt, begeistert. "Alanna und die schwarze Stadt" ist mit viel Humor, in einem einfachen, sehr gut verständlichen Stil geschrieben. Die unvorhersehbare Geschichte schreckt nicht davor zurück zu thematisieren, wie sich Alanna vom sturen Mädchen zur erwachsenen Frau entwickelt und welche Probleme das mit sich bringt. Der köstliche Humor, der bittere Ernst, die Andeutung tiefgründiger mythischer Quellen und Hintergründe - all dies gelingt der Autorin sehr gut. Immer faszinierter folgt der Leser Alannas Werdegang und fiebert mit diesem so liebenswerten Mädchen mit.
Besondere Bedeutung misst die Autorin der Frage bei, ob hinter allen Rollenklischees und typischen Verhaltensweisen der Jugendlichen und jungen Männer in dieser Geschichte - Frauen kommen, mit Ausnahme von Alanna nicht vor - die Wertschätzung, die "Alan" entgegengebracht wird, abhängig vom Geschlecht ist oder nicht. Der Figur des Königs der Diebe fällt diese Aufgabe zu - ist der junge Mann doch bald eingeweiht in das Dilemma "Alans".
Des Weiteren nutzt Tamora Pierce die inneren Monologe Alannas, um über Geschlechterrollen und -differenzierung, Machogehabe und Stereotype nachzudenken. Dies gelingt ihr streckenweise so amüsant wie tiefsinnig, dass auch die - meist weibliche - Leserschaft über diese Fragen nachzudenken beginnen.
Im Grunde genommen ist dieses spannende Abenteuer eine Geschichte über das Erwachsenwerden - mit allen Anforderungen, Belastungen und Möglichkeiten, die darin verborgen sind.
Die in sich abgeschlossene Geschichte lässt viele Fragen offen. Kaum ein Leser wird zögern, den zweiten Band zu kaufen. Denn eine solch liebenswerte, taffe Heldin findet man in der modernen Fantasy-Literatur selten, die vor jungen Männern, heldenhaften Küchengehilfen und eisern durchhaltenden Hobbits nur so wimmelt.
Wer dem ebenfalls erhältlichen Hörbuch den Vorzug geben sollte, sei gewarnt: Viele Gedanken Alannas und scheinbar nebensächliche Geschehnisse fehlen in der wundervollen Produktion mit der genialen Sprecherin Gabriele Blum.
Dank des äußerst günstigen Preises ist das Buch jedem Leser über zehn Jahren zu empfehlen - auch Erwachsene können es getrost in die Hand nehmen, es lohnt sich unbedingt.