Gesamt |
|
Anspruch | |
Aufmachung | |
Brutalität | |
Preis - Leistungs - Verhältnis | |
Spannung | |
"Das Haus der verschwundenen Jahre" ist nicht nur einer der erfolgreichsten Romane von Clive Barker, sondern im Gegensatz zu denen, die er davor geschrieben hat, auch ein Jugendbuch. Unter dem wesentlich klangvolleren Titel "Der Dieb der Zeit" ist die Geschichte nun als Comicumsetzung erschienen. Adaptiert wurde sie von Kris Oprisko, die Zeichnungen stammen von Gabriel Hernandez.
Der junge Hervey sieht sich vom großen grauen Biest Februar bedroht. Die Langeweile macht sich in diesem Monat breit und er ist fest davon überzeugt, dass er sterben wird, wenn nicht bald etwas Aufregendes passiert. Als wüsste er von seinem sehnlichsten Wunsch, taucht ein geheimnisvoller Kerl namens Rictus bei ihm auf. Er ist groß, trägt einen langen, grauen Mantel und einen hohen Zylinder. Das Schaurigste an ihm ist aber mit Sicherheit sein Mund: Die Zähne wirken wie zwei scharfe Sägeblätter. Doch trotz seines Aussehens scheint er recht nett zu sein und unterbreitet Harvey ein Angebot. Er will ihn in ein Ferienhaus bringen, wo der Junge sich amüsieren und Spaß haben kann. Harvey willigt ein und wird von Rictus quer durch die Stadt geführt, bis sie schließlich vor einer hohen, grauen Mauer ankommen. Voller Staunen stellt der Junge fest, dass er mitten durch die Steine gehen kann und sich in einem wunderschönen Haus wiederfindet. Mrs. Griffin, die alte Dame, die sich dort um die Kinder kümmert, schließt er auch sofort ins Herz.
Außer ihm befinden sich noch der dicke Wendel und die schüchterne Lulu dort. Besonders mit Wendell erlebt Harvey viele Abenteuer. Sie bauen ein Baumhaus und spielen die verrücktesten Streiche. In dem Haus und seiner Umgebung wechseln die Jahreszeiten schnell: Morgens ist es Frühling, in der Nacht bereits Winter. So können die Kinder jeden Tag Halloween feiern und Weihnachtsgeschenke bekommen. Es scheint wie der Himmel auf Erden, bis Harvey bemerkt, dass er das Haus nicht verlassen kann. Was hält ihn gefangen und warum? Und wer ist dieser geheimnisvolle Mr. Hood, von dem Mrs. Griffin immer spricht?
Für einen Jugendcomic ist "Der Dieb der Zeit" ausgesprochen düster und enthält auch einige recht brutale Szenen. Trotzdem ist es ein faszinierendes Werk, das seine jungen Leser schnell in ihren Bann ziehen wird. Harvey ist ein gewitzter Junge, mit dem sich gerade männliche Leser schnell anfreunden werden. Die Geschichte selbst ist äußerst tiefgründig und lädt zum Nachdenken ein. Ganz vordergründig ist da natürlich der Hinweis, seine Zeit sinnvoll zu nutzen und sie nicht wahllos zu verschwenden. Aber man kann auch noch tiefer eintauchen. Rictus und seine Geschwister sind Figuren, über die man gut spekulieren kann. Und auch das Thema Freundschaft wird hier auf einer interessanten Basis behandelt. Es gibt eine Situation, in der Wendel in der Not sagt, man solle lieber Harvey als ihm etwas Böses tun. Harvey weiß davon und muss für sich entscheiden, wie tief die Freundschaft wirklich ist.
Leider hat die Comic-Umsetzung zwei kleinere Nachteile. Erstmal fehlen Seitenzahlen, was der Geschichte zwar keinen Abbruch tut, aber einfach ein wenig lästig ist, und zweitens sind die erzählenden Texte so extrem klein gedruckt, dass man sie nur schwer lesen kann. Man fragt sich, wieso das nicht aufgefallen ist, wo doch die Sprechblasen-Texte alle eine ansprechende Größe haben.
Insgesamt handelt es sich bei "Der Dieb der Zeit" trotzdem um eine äußerst gelungene Roman-Adaption. Die Handlung ist sehr exakt übernommen worden und den Figuren wurde durch die Zeichnungen greifbares Leben eingehaucht. Dieser Comic ist eine absolut lesenswerte Lektüre; für alle Fans von Clive Barker ebenso wie für Fantasy-Freunde.