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"Ich wollte, ihr wärt tot!"
Dieser Satz wird Cynthia fünfundzwanzig lange Jahre verfolgen. Es waren die letzten Worte, die sie zu ihren Eltern sagte, nachdem sie die Vierzehnjährige bei einem Date erwischten.
Am nächsten Morgen ist Cynthias Familie verschwunden. Wortlos, spurlos, scheinbar grundlos und wie es aussieht für immer.
Cynthia kann verständlicherweise nicht begreifen, was geschehen ist; wie man sie einfach so verlassen konnte. So bestimmt das Erlebnis auch noch ein Vierteljahrhundert später ihr Leben und belastet sowohl ihre Ehe als auch die Beziehung zu ihrer kleinen Tochter, die sie mit ihrer Angst und Fürsorge zu ersticken droht.
Doch Cynthia kann die Vergangenheit nicht ruhen lassen und so hofft sie, durch einen Beitrag in einer Fernsehshow neue Hinweise auf die Ereignisse zu bekommen. Tatsächlich tauchen danach Spuren aus der Vergangenheit auf. Allerdings scheinen diese auf das Dunkel in Cynthias Familiengeheimnis zu deuten und werden allmählich zur Bedrohung für die gesamte Familie.
"Ohne ein Wort" von Linwood Barclay wird als Psychothriller betitelt und passender hätte man das Buch nicht beschreiben können. Obwohl es auch hier Verbrechen gibt, kommt das Buch mit erfreulich wenig Blut und Brutalität aus. Die Spannung wird durch eine zunächst nicht fassbare Bedrohung geschaffen, die der Leser anfangs ebenso wenig einordnen kann wie Cynthias Familie.
Geschildert wird die Handlung aus Sicht von Cynthias Ehemann Terry. Ein kluger Zug, denn zum einen wäre Cynthia als Erzählerin wohl zu anstrengend für den Leser, zum anderen ermöglicht es eine andere Sicht der Dinge. So fragt sich der Leser zusammen mit Terry, ob Cynthia den Verstand verliert und ob sie nicht vielleicht doch etwas mit dem Verschwinden ihrer Eltern zu tun hat.
Die Charaktere in dem Buch sind - bis auf die durch ihre Vergangenheit stark gezeichnete Cynthia - durchweg sympathisch und wirken sehr lebensnah. Oft bestimmen Alltagsprobleme ihr Denken und Handeln, Cynthias Vergangenheit und die damit verbundene Bedrohung rückt erst langsam in ihren Blickpunkt.
Der Autor schafft es, langsam die Spannung aufzubauen und den Leser an den Roman zu fesseln. Zum Ende hin, als die Handlung sehr dunkel zu werden droht, kommt allerdings eine Kehrtwende. Terry trifft in einigen herrlich skurrilen Szenen einen Mafiaboss auf der Suche nach der Wahrheit. Das entspannt zwar den Leser, sorgt aber auch dafür, dass das Ende viel von seinem Bedrohungspotenzial einbüßt. Es erinnert vage an amerikanische Krimis, wie man sie zum Beispiel aus dem Fernsehen kennt. Trotzdem ist die Auflösung des Rätsels gelungen, wenn auch nicht Nerven zerreißend beschrieben.
Wer Thriller mag und einmal nicht von Messer schwingenden Massenmördern lesen will, sollte bei diesem Buch zugreifen. Es liefert spannenden Lesegenuss und eine Handlung, die vielleicht nicht grandios, aber sehr solide aufgelöst wird. Ein Buch, das mit sympathischen Charakteren und einer interessanten Handlungsidee zu unterhalten und insgesamt zu überzeugen weiß.