Gesamt |
|
Anspruch | |
Aufmachung | |
Brutalität | |
Gefühl | |
Humor | |
Preis - Leistungs - Verhältnis | |
Spannung | |
"Die Wahrheit ist schön" - so beginnt der Roman und erzählt aus der Sicht eines namenlosen Jungen, dass die Wahrheit nicht ganz so einfach ist, im Gegenteil. Der Junge wächst bei der Großmutter auf. Er bleibt Zeit seines Lebens Analphabet und nur, um seiner Großmutter zu gefallen, tut er so, als sei er zu Großem, ja Allergrößtem berufen. Dies gelingt ihm eher schlecht als recht. Mit einer gewissen Hartnäckigkeit, sowohl von seiner Seite als auch von seiner Großmutter, schafft er die Grundschule mit Bravour, scheitert im Gymnasium, wird jüngster Student bei Martin Heidegger und gewinnt das Wimbledon-Finale im Jahre 1982. - Oder nicht? Die Wahrheit jedenfalls wäre schön, würde sie den Menschen nicht ihre Würde nehmen; seine Würde, die Würde seiner Großmutter, darum geht es dem namenlosen Ich-Erzähler.
Diese Geschichte zusammenzufassen bedeutet, einen Zauber ohne den Zauber zu erzählen. Zelters Erzählkunst ist so versponnen, dass ihr Witz aus den Szenen besteht, in denen Tragik und Komik eng, ja unentscheidbar beieinander liegen; dass ihr Witz sich in der konsequenten Erzählhaltung spiegelt, die alles ironisch und alles fragwürdig macht; dass ihr Witz zwischen den unbedarften Worten durchschimmert, dem Witz als menschliches Leid und unmenschlicher Schalk. Allein die Szenen, in denen der Protagonist bei Heidegger Student wird und sich mit diesem unterhält, sind so umwerfend komisch wie zutiefst bitter.
Untertitelt ist der Roman mit "Ein Bildungslügenbericht". Tatsächlich bedeutet die Großmutter mehr als nur eine konkrete Person: Sie ist eher die Verkörperung des Bildungsanspruchs - auch hier wunderbar: wie die Großmutter Heidegger liest - und sie ist auch diejenige, die den Ich-Erzähler in immer mehr Fälschungen, Lügen, Verharmlosungen hineintreibt. Schließlich lässt sie ihn fallen. Der Roman ist damit zugleich mehr als nur eine wundervolle Geschichte. Erzählt wird auch, wie die Bildung, die klassische Bildung, den Menschen schändet; dass die Bildung oberflächlich ist; dass sie sich tragisch, ja todbringend verhält zur Würde des Menschen, und zugleich zutiefst komisch und abstrus bleibt.
Ein wundervoller Roman also, sprachlich schlicht, erzählerisch komplex, sehr menschlich, äußerst kritisch, absolut unterhaltsam.