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Frank Goosen ist Schriftsteller und Kabarettist, hat mit "Liegen lernen" einen Bestseller geschrieben, der auch verfilmt wurde, und sein neuer Roman "So viel Zeit" liegt nun in einer Autorenlesung einer gekürzten Fassung bei ROOF vor.
Konny, Bulle, Thomas und Rainer sind Anfang bis Mitte Vierzig, wohnen im Ruhrpott, sind mehr oder weniger gut situiert und spielen regelmäßig gemeinsam Doppelkopf. Jeder hat seine persönlichen Probleme, sein Päckchen zu tragen, und alles ändert sich erst, als sie versuchen, eine Band zu gründen. Wen sie dafür brauchen, ist ihnen auch bald klar: Ole fehlt, der fünfte Mann, der Ausnahmetyp, der eigentlich immer ihr Anführer war, der aber aus seinem Leben nichts gemacht hat.
Kurzentschlossen fahren die Vier nach Berlin, holen Ole ab, und der zieht vorerst bei Konni ein. Und fast wie ein Wunder verändert sich alles. Die Band funktioniert, Konni kommt mit einer netten Frau aus seinem Kollegium zusammen, Rainer schläft mit seiner Auszubildenden und fliegt zu Hause raus, Bulle findet nach dem ersten Auftritt einen Groupie und Thomas trennt sich vorübergehend von seiner jungen Freundin. Alle haben plötzlich mehr Selbstvertrauen, alle werden jünger, fallen in die Zeit von Led Zeppelin, Uriah Heep und natürlich Deep Purple zurück und ordnen ihre Leben neu.
Und das tun sie auf sehr witzige Art. Ein knorriger, trockener und schräger Männerhumor, aber oft sehr exakt und selten wirklich billig - damit hat Frank Goosen eine Art zu erzählen, die allein schon ein Gewinn ist. Ganz nebenbei wird irgendwie alles gut, und das ist ja ein Vorrecht der Komödie. Dabei ist es auch nicht wirklich schlimm, dass die Handlung keinen ausgeprägten Bogen hat. Alle fünf Bandmitglieder sind besondere Charaktere, alle sind fein gezeichnet. Der Humor ist nicht Selbstzweck, er unterstützt die Milieustudie.
Dazu kommt die wirklich gelungene Lesung. Als Kabarettist weiß Goosen natürlich, wie er seinen Figuren Tiefe und Humor geben kann. Er übertreibt nicht, gibt seinen Charakteren keine so eigene Noten, wie das andere Hörbuchleser gerne tun, hält sich zurück, und tut seinem Werk damit Gutes. Das Chargieren eines Rufus Beck wäre hier völlig fehl am Platz, durch die eher schlichte Art des Vortrags kitzelt Goosen den ganzen trockenen Humor seiner Geschichte heraus und lässt "So viel Zeit" zu einem definitiven Genuss werden.
Wer an "Liegen lernen" seinen Spaß hatte, wer die Siebziger aus eigenem Erleben kennt, der sollte zu diesem Hörbuch greifen. Über fünf Stunden Spaß und Nostalgie, und gern auch mal zotige Sprüche, lohnen den Kauf.