Das Loiretal gehört zu den ältesten kulturellen Zentren Frankreichs; seine vielerorts märchenhafte Schönheit wurde zu allen Zeiten von einheimischen Schriftstellern ebenso wie von Reisenden gerühmt.
Manfred Hammes’ Reiseführer lässt den Leser anhand solcher Quellen auf eine vorwiegend literarisch geprägte Entdeckungstour gehen. Doch auch manche Geschichtsepisode findet sich in diesem kompakten kleinen Werk, und natürlich darf ein bisschen Kulinarisches in einem Buch nicht fehlen, das sich mit Frankreich befasst.
Das Buch ist in Kapitel eingeteilt, die sich an Flussabschnitten von der Quelle bis zur Mündung orientieren. Noch weit vor Gien, wo die lange Kette der Schlösser beginnt, begegnen dem Leser die Sozialistin Simone Weil, Alexandre Dumas und Robert Louis Stevenson. Im Schloss von Sully verbrachte Voltaire einen Teil seiner Verbannung.
Orléans erhält ein eigenes Kapitel, das keineswegs nur der berühmten Jeanne d’Arc gewidmet ist - unter anderem treten Simenon, Wolfgang Koeppen und Rabelais auf. Und so geht es weiter mit berühmten und weniger berühmten Namen, hier und da einschließlich eines Abstechers, zum Beispiel nach Bourges. Die großen Schlösser und manches unauffällig erscheinende, vom Pauschaltouristen übersehene architektonische oder kulturelle Schatzkästchen werden aus der Sicht verschiedener Autoren dargestellt, doch auch Landschaftsbetrachtungen gehen in den Führer ein.

Dieses Buch kann für Loiretal-Reisende in der Tat ein unterhaltsamer und gescheiter Reisebegleiter sein, wie der Untertitel behauptet. Das heißt, es ist persönlicher als ein Führer, jedoch weniger detailliert und vor allem nicht so sehr auf die konsequente Abarbeitung eines Sehenswürdigkeitenprogramms ausgerichtet. Der Autor hat sorgfältig die Edelsteine ausgelesen und sie in Fassungen aus Literatur, Historie und Kulturellem eingebettet. Dies soll nicht heißen, dass die Baugeschichte der großen Schlösser wie Chambord, Blois oder Amboise fehlte. Sie steht jedoch nicht im Zentrum der Betrachtungen zu diesen Bauwerken. Es geht, wenn von den Schlössern und schmucken Ortschaften die Rede ist, vor allem um die Eindrücke, die Loire-Reisende aus verschiedenen Jahrhunderten und Nationen von den Sehenswürdigkeiten und der umgebenden Landschaft erhielten und schilderten, und um die Menschen, die mit ihnen zu tun hatten. Dass Johanna Schopenhauer an vielen Stationen ihrer Reise unzufrieden war und Wolfgang Koeppen, der dem Leser häufig begegnet, bei der Wahl seiner Restaurants gelegentlich Pech hatte, trägt nicht minder zum bunten Gesamtbild bei als Stationen der Biografien von Persönlichkeiten wie George Sand, Honoré de Balzac und da Vinci.
Essen und Trinken werden aber nicht nur von Literaten und anderen hochrangigen historischen Persönlichkeiten vorgestellt, auch wenn manche der von ihnen erwähnten Gastronomiebetriebe heute noch existieren. Hammes empfiehlt an passender Stelle immer wieder Weine, Käse und andere Spezialitäten, Restaurants und ungewöhnliche Unterkünfte für den heutigen Touristen. So ergibt sich während der Lektüre ein facettenreiches Bild des Loiretals, wie es kein "klassischer" Reiseführer vermittelt.
Das Buch enthält zahlreiche Abbildungen, überwiegend in Farbe, mehrere Karten zur Orientierung und nebst einem umfangreichen Literaturverzeichnis Websites und Anschriften der wichtigsten Loire-Städte sowie gegebenenfalls ihrer Fremdenverkehrsämter und Museen.
Einen Reiseführer ersetzt Hammes’ Buch nicht - das ist auch nicht die Intention des Autors. Wer aber seine Reise nicht nur an den architektonischen Sehenswürdigkeiten ausrichtet, sondern wie der Autor die Loire auch mit den Augen anderer, oft wortgewaltiger Menschen sieht, wird sich an die so gewonnen Eindrücke sicherlich länger erinnern als an baugeschichtliche Details aus dem "klassischen" Führer. Ganz abgesehen davon, dass der Urlaub vermutlich auch entspannter verläuft.