Gesamt |
|
Anspruch | |
Aufmachung | |
Preis - Leistungs - Verhältnis | |
Ein Mädchen im Kindergartenalter ist die Erzählerin in Ottó KissÂ’ Buch "Mario, der Sternensammler", das 2003 vom ungarischen Schriftstellerverband als
Buch des Jahres ausgezeichnet wurde. Es ist keine Geschichte, die hier erzählt wird. Vielmehr enthält das Buch die Sichtweise des Mädchens. Auf sehr poetische Weise erzählt sie von dem Nachbarsjungen Mario, von ihrem Leben, ihren Gedanken, ihrer Familie.
Obwohl das Buch als Kinderbuch läuft, ist es für Kinder nur bedingt interessant. Zum einen gibt es eben keine Geschichte, sondern nur lose zusammenhängende Fragemente, Gedanken und Assoziationen. Die Stimme die spricht, ist zwar eine Kinderstimme, die Worte sind einfach, doch der Inhalt ist es nicht. "Die wirklichen Dinge sind sehr tief unten. Tiefer als der Grund des grundlosen Sees. Irgendwo rund um mein Herz." Da hört man schon die angesprochene Poesie. Es klingt wie ein Gedicht, doch nicht wie ein Gedicht aus dem Mund eines Kindes. Doch die kleine Erzählerin lässt den Leser nicht nur an allerlei - auch abstrakten - Gedanken teilhaben, sondern auch an ihrem Leben. Seit ihr Opa tot ist, kann sie fliegen, doch nur, wenn niemand da ist. Die Eltern von Mario haben sich scheiden lassen, dafür hat Mario aber einen Hund bekommen. Als der Vater der kleinen Ich-Erzählerin auszieht, kauft die Mutter ihr auch einen Hund.
Für Erwachsene, die Kinderbücher und Poesie mögen, ist dieses Buch sicher genau das richtige. Aus der naiven Perspektive des Kindes zieht das Buch seinen besonderen Charme, auch wenn die Reflexionen und Gedanken letztlich nicht als kindlich überzeugen können. Wer sich aber darauf einlässt, den kann das Buch mit seiner Sprache und den Illustrationen durchaus bezaubern. Die Illustrationen sind farbenfroh, aber nicht grell. Sie fangen die Poesie der Stimme ein und auch die Kindersicht, indem sie Perspektive und Proportionen nicht technisch korrekt, sondern auf eigene Weise wiedergeben. Das Verhältnis von Text und Illustration variiert von Seite zu Seite. Auch bricht der Text immer mal wieder aus seiner gängigen Form aus, ist größer, kleiner, lila oder schräg.
Kinder werden weniger Freude an dem Buch haben; oder anders: Weniger Kinder werden Freude an dem Buch haben. Die Gedankenfetzen ermöglichen keine Identifikation. Weil keine Geschichte erzählt wird, will auch niemand wissen, wie es weitergeht. Das Buch kann die Aufmerksamkeit der kleinen Leser einfach nicht halten.
Als Kinderbuch bekommt das Buch daher nur zwei Sterne, als Buch für Erwachsene jedoch vier.