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Zons, Mitte des 15. Jahrhunderts: Als Fygen sieben Jahre alt ist, kommt ihr Vater gewaltsam ums Leben. Das Mädchen ahnt allerdings nichts davon, dass Konrad von Bellinghoven, bei dem sie geliebt und wohlbehütet aufwuchs, gar nicht ihr leiblicher Vater war. Ihre Mutter hat Fygen nie kennen gelernt, da diese kurz nach der Geburt noch im Kindbett verstarb.
Nur auf Ermahnung des Pfarrers hin nimmt Fygens skrupelloser Onkel Mathys sie widerwillig bei sich auf. Unter der Obhut der Haushälterin wächst das ungestüme Mädchen heran. Doch als sie zwölf Jahre alt ist, entgeht sie nur knapp einer Vergewaltigung durch ihren Onkel. Die Haushälterin beschließt darauf hin, dass Fygen zu ihrer eigenen Sicherheit sofort das Haus verlassen muss. Sie wird nach Köln geschickt, um das Seidenweberhandwerk zu erlernen. Bei der hartherzigen und ungerechten Lehrherrin Mettel lernt sie trotz aller Widrigkeiten schnell die Geheimnisse des Seidmachens - zwar nicht durch Mettel selbst, aber die alte Seidspinnerin Marie verrät ihr die Kniffe des Handwerks.
Fygen wächst zur selbstbewussten jungen Frau heran, die nur ein Ziel verfolgt: eine erfolgreiche und wohlhabende Kauffrau zu werden. So lässt es sich nicht vermeiden, dass sie irgendwann ihrer eigenen Vergangenheit gegenüber tritt Â…
"Die Seidenweberin" ist der Debütroman der Schriftstellerin Ursula Niehaus. Im Argon Verlag ist eine gekürzte Lesefassung als Hörbuch erschienen, vorgetragen auf sechs CDs von Birgitta Assheuer. Übrigens sollte man dieses Buch nicht verwechseln mit dem Roman "The Colour of Power" von Gillian Bradshaw, der in Deutschland ebenfalls unter dem Titel "Die Seidenweberin" erschienen ist.
Der Zuhörer begleitet Ursula NiehausÂ’ Romanfigur Fygen nicht nur durch ihre Lehrjahre, sondern auch als erwachsene und schließlich alte Frau. Für Kölner dürfte dieser historische Roman besonders interessant sein, da viele heute noch vorhandene Plätze wie etwa der Heumarkt, die Schildergasse oder natürlich der Domplatz in die Handlung eingebunden und beschrieben sind. Die Autorin stammt selbst aus Köln, führte ein Stoffgeschäft und hat sich mit ihrem Debüt über die Faszination der Stoffe einen Wunschtraum erfüllt. Aber auch für Nicht-Kölner ist diese Geschichte hörenswert. Zwar kann "Die Seidenweberin" nicht mit Hochspannung oder überraschenden Wendungen aufwarten, dafür aber mit sehr interessanten und authentischen Einblicken in das Handwerk, die Gesellschaftsstrukturen und das Alltagsleben im 15. Jahrhundert. Seidenhandwerk und Seidenhandel waren, anders als die anderen Handwerke, damals fest in Frauenhand und somit für die Frauen oft der einzige Berufszweig, in dem sie sich selbständig verdingen konnten. Die Seidmacherinnen hatten durchaus Macht, denn natürlich war Seidenstoff damals ebenso begehrt und bewundert wie heute. Insofern ist dieses Hörbuch vielleicht eher für Frauen interessant, es ist aber kein typisches "Frauenbuch".
Sehr angenehm vorgetragen wird die 474 Minuten dauernde Erzählung von Sprecherin Birgitta Assheuer. Sie trifft eigentlich immer den richtigen Ton. Insgesamt eine ruhige, bedächtige Lesung, die gut zum vorgetragenen Stoff passt und dem Zuhörer die nötige Zeit gibt, dem Geschehen zu folgen. Da die Geschichte hauptsächlich von weiblichen Rollen dominiert wird, passt hier eine weibliche Stimme als Vorleserin gut. Es gelingt Birgitta Assheuer, Akzente zu verleihen - ihre böse zischende Interpretation der Mettel zum Beispiel ist grandios gelungen.
Für Fans eher ruhiger historischer Romane ist dieser erzählte Lebensweg einer jungen Frau, die zur starken Kauffrau im mittelalterlichen Köln heranwächst, sehr interessant anzuhören.