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Das Spektrum der Möglichkeiten, die sich dank des Mediums DVD bieten, treibt zuweilen seltsame Blüten. So auch in diesem Fall. "Das große Wilhelm Busch Album" ist nun im Karussell-Verlag auf einer Bilderbuch-DVD erschienen. Doch was ist eine Bilderbuch-DVD genau? Rein intuitiv könnte man nun darauf schließen, dass das große Wilhelm Busch Album Seite für Seite digitalisiert und auf eine DVD gepackt wurde, wo man sich die Geschichten durchlesen kann - vergleichbar mit einem echten Album, nur eben mit DVD-Player auf dem TV-Bildschirm.
Fast liegt man damit auch richtig. Zum einen handelt es sich bei dem "Großen Wilhelm Busch Album" nicht um eine Sammlung seiner sämtlichen Werke. Vielmehr finden sich auf der DVD lediglich "Max & Moritz", "Das Bad am Samstag Abend", "Hans Huckebein, der Unglücksrabe", fünf unter dem Titel "Schnaken & Schnurren" zusammengefasste Kurzgeschichten sowie "Fipps der Affe". Hier von einem "großen" Wilhelm Busch Album zu sprechen, scheint stark übertrieben, fehlen doch solche Klassiker wie "Plisch & Plum", "Diogenes und die bösen Buben von Korinth" oder "Die kühne Müllerstochter".
Zum anderen ist das Album multimedial gehalten. Der Zuseher ist nicht gezwungen, die Texte vom Bildschirm abzulesen, sondern kann sich getrost zurücklehnen und zuhören, wie fünf Vortragende - manchmal sogar mit verteilten Rollen - die Texte von Busch passend zum jeweiligen Bild der Geschichte vortragen. Und da das heute niemanden mehr vom Sofa hat, hat man die Vorlagen auch noch animiert. Natürlich nicht so stark, dass der Geist von Buschs Zeichnungen verloren geht. Nein, vielmehr verändern sich nur Details, so springt Maxens Mund vom Lachen zum Weinen, oder es werden Ausschnitte der Bilder hergenommen und vergrößert. Zwischen den einzelnen Episoden wird der jeweilige Titel übrigens mit einer pfiffigen PowerPoint-Präsentation - ebenfalls animiert - ins Bild geschaukelt oder gepixelt.
Nein, so recht weiß "Das große Wilhelm Busch Album" nicht zu überzeugen. Viel zu gering wurden die Möglichkeiten, die sich hier geboten hätten, ausgelotet. Stattdessen wird der Zuseher mit einem animierten Konzept bombardiert, das er sich mit etwas Geduld selbst dank PowerPoint hätte zusammenbasteln können. Auch die Vorlagen der Zeichnungen scheinen nicht mehr die neuesten gewesen zu sein, sind doch häufig Gilbflecken auf dem Weiß der Mattscheibe zu sehen, die man ohne weiteres hätte wegretuschieren können. Auch die gesprochenen Texte wissen nicht so recht zu überzeugen, neigen die Sprecher doch oftmals zur Überdramatisierung der vorgetragenen Worte.
Schlussendlich stellt sich die Frage, für welches Zielpublikum diese Bilderbuch-DVD produziert wurde. Menschen, die mit Wilhelm Buschs Werk vertraut sind, werden spätestens nach dem Intro zum dritten Streich entnervt den DVD-Spieler ausschalten und zu einer Papierausgabe seiner Werke greifen. Auch seinen eigenen Kindern mag man doch eher persönlich aus den Büchern vorlesen und sich anschließend darüber mit ihnen unterhalten. Für Menschen, die bisher unverständlicherweise noch nichts von Wilhelm Busch gehört haben, wäre die DVD eventuell geeignet. Ob sie dann aber mit den so ganz unmodernen Geschichten von Anstand und Moral etwas anfangen können, steht auf einem anderen Blatt.