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Alle Bücher des
marebuchverlages beschäftigen sich auf die ein oder andere Weise mit dem Meer. Die Ostsee, das größte Brackwassermeer der Welt und das Meer in Europas Mitte, ist nicht nur titelgebend für Christoph Neidharts Buch, sondern übt auf den Autoren auch eine starke Faszination aus. Im Jahr 2003 veröffentlichte er im
marebuchverlag das Buch "Ostsee. Das Meer in unserer Mitte" und schildert im Stil kurzer Reisereportagen Eindrücke seiner Reisen sowie Wissenswertes und Interessantes zum Meer und seinen Bewohnern. Im Jahr 2003 war der eiserne Vorhang zwar schon gefallen, aber erst seit dem Mai 2004 sind alle Anrainer der Ostsee - mit Ausnahme Russlands, dessen russische Enklave Kaliningrad und die Bucht von Sankt Petersburg Zugang zur Ostsee bieten - Mitglieder der Europäischen Union. Grund genug, das Buch des Jahres 2003 noch einmal zu überarbeiten und ein neues Kapitel (das allerdings nur einen Beitrag enthält) einzufügen. Im März 2007 erschien die erweiterte Neuausgabe, die denselben Titel trägt.
Vielleicht falle es ihm leichter, "leise Winterlandschaften mit Wörtern zu malen, als die Intensität des Sommers zu beschreiben", schreibt Neidhart in seinem Vorwort. Ob die winterliche Ostsee nun leichter zu beschreiben ist oder sie sich ihm einfach so darbietet, für Neidhardt ist die Ostsee ein Wintermeer, die allen an ihren Gestaden Lebenden bloß kurze Sommer als Belohnung fürs Ausharren bietet. Natürlich fängt er den Sommer ein in seinem Buch, aber vielmehr zählen die Eindrücke, die er sammelt und die er mit Informationen zur Geschichte verbindet. In zehn Kapiteln mit unterschiedlich vielen Beiträgen bereist er die Ostsee, macht Halt im lettischen Riga oder russischem Sankt Petersburg, im finnischen Vaasa oder im deutschen Greifswald.
Was trennt die Bewohner der Ostsee, was verbindet sie? Und was hat das sowohl Trennende als auch Verbindende mit der Geschichte zu tun? Zentral bei seinen geschichtlichen Rückblicken sind die Zeiten der Hanse und des Kalten Krieges, aber auch der politische Umbruch und die Zeit danach. Immer wieder ist der Leser erstaunt, wie reich und vielfältig Neidharts Wissen ist, wie gut er recherchiert hat. Er beleuchtet die Länder, Städte und Inseln - und natürlich ihre Bewohner - aus verschiedenen Perspektiven und neben geschichtlichen Informationen, persönlichen Eindrücken machen auch kulturelle Einblicke das Buch so vielseitig. Einzig die Karten, die zu Beginn jedes Textes abgebildet sind, sind dürftig. Sie helfen zwar, sich zu orientieren, sind aber immer nur grobe Ausschnitte des jeweils bereisten und beschriebenen Gebietes. Hier wünscht man sich etwas liebevoller gestaltete Karten, die entweder den gesamten Ostseeraum abdecken oder aber in ihren Ausschnitten detaillierter sind.
Christian Neidharts "Ostsee" ist eine Hommage an ebenjene. Auch wenn das Buch zurückhaltend und unprätentiös daherkommt, mit einer irgendwie winterlichen Stimmung, merkt man Neidhart seine Leidenschaft an und spürt seine Authentizität. Die Vielfalt des Buches und die sympathische Art des Autors machen das Buch zu einer unterhaltsamen und interessanten Lektüre, die sich kein Ostsee-Liebhaber entgehen lassen sollte.