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Karin Slaughter scheint ein Erfolgsrezept gefunden zu haben: Eine starke Kinderärztin und Gerichtsmedizinerin, dazu ein gut aussehender und gerechtigkeitsbewusster Polizeichef, beide mal verheiratet, jetzt geschieden und dennoch so was Ähnliches wie ein Paar. Doch nicht die private Seite steht im Vordergrund, sondern die Fälle, die sie immer gemeinsam bearbeiten. Und diese haben es in sich.
Im vierten Band um die Ereignisse im kleinen Örtchen Heartsdale verflechtet die Autorin zwei Fälle.
Zum einen stürmen zwei bewaffnete Männer das Polizeiquartier von Heartsdale und nehmen die anwesenden Polizisten, die Ärztin Sara Linton und eine Handvoll Grundschulkinder als Geiseln. Chief Jeffrey Tolliver, Saras Ex-Mann, wird verletzt. Doch die Geiselnehmer scheinen es ganz gezielt auf ihn abgesehen zu haben. Lediglich eine Verwechslung erhält ihn bislang am Leben, doch Jeffrey ist schwer verwundet und Sara hat nicht die nötige Ausrüstung da, um ihn zu versorgen.
Der andere Fall liegt weit in der Vergangenheit, am Anfang der Beziehung zwischen Sara und Jeffrey. Er nimmt Sara mit in sein Heimatstädtchen, um ihr seine alkoholkranke Mutter und seine Freunde vorzustellen. Anfangs gibt es Spannungen zwischen allen, aber nach und nach freundet sich Sara mit Jeffreys Freunden an, vor allem Nell, die Frau eines der besten Freunde von Jeffrey, hat es ihr angetan. Doch schon nach kurzer Zeit scheint ein Beziehungsstreit zwischen Robert und Jessie, zwei weiteren Freunden, zu eskalieren. Im Schlafzimmer liegt auf einmal ein Toter, die Geschichte, die Robert erzählt, klingt zwar einleuchtend, aber Jeffrey und Sara entdecken Widersprüche zwischen dem Aussehen des Tatorts und Roberts Schilderungen. Das auch Robert Polizist ist, erschwert die Ermittlungen, denn seine Kollegen würden ungern einen von ihnen wegen Mordes festnehmen müssen, aber es sieht so aus, als hätten sie gar keine andere Wahl.
Doch Sara und Jeffrey werden kurzzeitig vom Fall abgelenkt, als noch eine weitere Tote gefunden wird. Diese allerdings ist schon seit etwa zwanzig Jahren tot und in diesem Fall gerät sogar Jeffrey unter Verdacht. Sara weiß nicht mehr, was sie glauben soll, als viele Beweise gegen ihn zu sprechen scheinen und jeder im Örtchen schweigt oder aber versucht, jemand anderen als sich selbst zu belasten. Die junge Liebe wird hier nicht zum letzten Mal auf eine harte Probe gestellt.
Was diese beiden Fälle miteinander zu tun haben, ist auf den ersten Blick nicht ersichtlich. Auch auf den zweiten fragt sich der Leser noch, warum diese ständigen Rückblenden denn sein müssen, warum sich die Autorin nicht einfach mit dem aktuellen Fall befasst. Doch nach einiger Zeit fängt man an zu ahnen, dass hier alles irgendwie zusammenhängt und die Ereignisse von damals Jeffrey und Sara langsam, aber mit aller Wucht, wieder einholen.
Interessant ist es für den Leser auch, dass diesmal zeitweise wirklich Jeffreys und Saras Probleme am Anfang ihrer Beziehung im Mittelpunkt stehen. Manche Eigenheiten der beiden werden dadurch sehr viel besser verständlich, es hilft auch rückwirkend für die anderen drei Bücher.
Was diesen Krimi gegenüber den anderen hervorhebt ist, dass der starke Chief Tolliver in Bedrängnis gerät und Sara und Lena, eine Polizistin, alles daran setzen, ihm das Leben zu retten, ohne das er agieren kann. Diese Handlungsunfähigkeit seinerseits ist etwas ganz neues und lenkt den Blick des Lesers verstärkt auf die beiden starken Frauen dieser Serie. Durch Jeffreys starke Verletzung ist er so gut wie außer Gefecht gesetzt, daher wird jetzt vermehrt aus Saras und Lenas Perspektive erzählt, unterbrochen von den Rückblenden.
Wenn man Karin Slaughters Tatortbeschreibungen liest, fragt man sich, ob der Nachname nicht vielleicht auch als Warnung verstanden werden kann oder sollte. Wie auf einem Schlachtfeld sieht es da öfters aus, mit genauen Beschreibungen und Schilderungen wird nicht gegeizt. Weibliche Thrillerautorinnen müssen sich oft anhören, dass sie blutrünstiger schreiben als ihre männlichen Kollegen. Blutrünstig trifft es in diesem Fall nicht unbedingt, aber eindrucksvoll und gut vorstellbar auf jeden Fall. Es bleibt aber jedem selbst überlassen, ob es ihm Spaß macht, sich bildlich vorzustellen, was eine Kugel aus nächster Nähe mit einem Kopf anfängt und wie das auf eine anwesende Schar Grundschulkinder wirken mag
Doch trotz aller Brutalität ist der Thriller äußerst spannende Unterhaltung, geradezu ideal, um sich bei Feierabend zurückzuziehen und sich ein wenig Angst einjagen zu lassen.