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Monographien oder Lexika zur Regionalgeschichte leiden oft unter einem gewissen Provinzialismus, sind hier doch häufig eher Stadtschreiber denn renommierte Historiker am Werk. Anders sieht die Sachlage in Braunschweig aus. Die ehemalige Hansestadt, die im Mittelalter zu den bedeutsamsten urbanen Räumen zählte, ist derart reich an Geschichte, dass sie sich als besonders ergiebiges Forschungsgebiet erweist. In Braunschweig wird Regional- und Stadtgeschichte zur Alltagsgeschichte, zum Spiegel der mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Welt, zum Tor in die deutsche Geschichte.
Das beweist auch der vorliegende Band: ein biographisches Lexikon, welches die wichtigsten Personen Braunschweigs aus zehn Jahrhunderten verzeichnet, vom Frühmittelalter bis zum 18. Jahrhundert. Darunter sind berühmte Stadtkinder sowie Männer und Frauen, die vor Ort wirkten; Fürsten und Bischöfe, Mönche und Theologen, Forscher und Gelehrte, Kaufleute und Handwerker, Nonnen und Mätressen, Künstler und Abenteurer, Halsabschneider und Rädelsführer. Denn die Autoren des Lexikons beschränken sich dankenswerterweise nicht allein auf Adel, Klerus und gehobenes Bürgertum, sondern haben die zahlreichen Quellen auch nach berühmten Goldschmieden, zwielichtigen Unterweltgestalten und tapferen Stadtgardisten durchkämmt. So finden wir den brutalen Stadthauptmann Hinrik Kokerbeke (1379-1402) neben dem mystizistischen Theologen Christian Hoburg (1607-1675), den italienischen Theaterunternehmer Filippo Nicolini (den es 1749 nach Braunschweig verschlug) neben dem Arzt Dr. Hermann Neuwalt, der im 16. Jahrhundert medizinische Einwände gegen die bei den Hexenprozessen eingesetzten Folterungen äußerte.
Rund tausend Jahre umfasst der zeitliche Rahmen, den der Herausgeber Horst-Rüdiger Jarck, ehemaliger Archivdirektor von Braunschweig, gesetzt hat. Entsprechend vielfältig sind die Fachbereiche, die das Lexikon berührt, und so finden sich in der Autorenliste Mediävisten, Kirchenhistoriker, Musik- und Kunstwissenschaftler. Jarck ist es gelungen, zahlreiche Fachleute für das Projekt zu gewinnen, welches ursprünglich als Ergänzung zu dem ersten Braunschweigischen Biographischen Lexikon gedacht war (dieses deckte das 19. und 20. Jahrhundert ab). Aus der Ergänzung ist ein hervorragendes Werk geworden, dessen komprimierte Einträge lebhaft und quellennah die wichtigsten Biographien Braunschweigs zusammentragen. Die Literaturhinweise sind klug ausgewählt; oft ergänzen historische Stiche oder Zeichnungen die biographischen Angaben, und zwei Register (Personenverzeichnis und geografischer Index) erleichtern die Suche. Sicherlich eines der besten regionalgeschichtlichen Lexika seiner Art, das nicht nur Braunschweiger begeistern dürfte.