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Die Bibel ist für moderne Menschen nicht leicht zu verstehen, weil ihre zweitausend Jahre alte Botschaft in einem uns fremd gewordenen Umfeld entstand. Kindern, die mit Computern und Autos aufwachsen, fällt es noch schwerer, sich in eine Zeit hineinzuversetzen, in der Religion einen festen Platz im täglichen Leben hatte und die Fischerei, gerade in Palästina, ein weit verbreiteter Erwerbszweig war.
Dieses Buch möchte Kinder an den historischen Jesus heranführen und essentielle Teile seiner Botschaft im Kontext seiner angestammten Umgebung präsentieren.
Der Leser lernt zunächst das Dorf Nazareth kennen, wie es vor zweitausend Jahren aussah. Sehr anschaulich wird der Alltag der dort lebenden Menschen nachgezeichnet, das Familienleben Jesu, sofern es sich aus der Bibel rekonstruieren lässt, eingeschlossen. Ein wesentliches Kapitel befasst sich mit dem Tempel in Jerusalem, in dem Jesus als Zwölfjähriger auftrat; Kapitel zum See Genesaret, an dem er zu Beginn seines Wirkens seine ersten Jünger gewann, zur als Grenzstation fungierenden Stadt Kafarnaum und den dort gewirkten Wundern sowie zur Synagoge schließen sich an. Doch auch die Landwirtschaft der Antike, die in biblische Gleichnisse Eingang fand, wird behandelt.
Mehrere Kapitel befassen sich mit Jesu Passion und Sterben. Anschließend werden Paulus und seine missionarische Tätigkeit zum letzten zentralen Thema des Buchs.
Ob man sich dem mystischen Jesus, dem Religionsstifter und Gott, durch sorgsames Nachvollziehen des Lebenswegs des historisch nachweisbaren Jesus erfolgreich nähern kann, ist unter Theologen umstritten. Die Praxis im Umgang mit Kindern zeigt, dass diese die Botschaften der Bibel besser verstehen und akzeptieren können, wenn sie mit Jesu zeitgenössischem Umfeld vertraut sind. Jesus predigte den damals in Galiläa vorhandenen Fischern, Bauern und Handwerkern, nicht jedoch Computerspezialisten, Marketingfachleuten, Rechtsanwälten und Ingenieuren.
Das Buch stellt Jesu Welt anschaulich und stimmig dar, wozu nicht nur die kindgerecht formulierten Texte, sondern auch die detaillierten und großformatigen Illustrationen beitragen, die sehr gut Szenen des antiken jüdischen Alltags, aber auch Stadtbilder wiedergeben. Weniger gut gefallen dem erwachsenen Leser manche zweckgebundenen Pauschalisierungen: War Pilatus wirklich ein Ungeheuer - "brutal, habgierig und grausam"? Ließ er Jesus tatsächlich rasch, unmittelbar hinrichten, weil dieser in seinen Augen ein Volksverführer war? In der Bibel sieht das, mit Verlaub, etwas anders aus. Schwarzweißmalerei sollte auch im Umgang mit Kindern nur dann betrieben werden, wenn sie angebracht ist.
Der Abschnitt über Paulus schildert zwar recht gut die Geschichte der Frühzeit des Christentums, er wirkt jedoch etwas gedrängt, um nicht zu sagen, gehetzt. Dadurch verlieren Kinder leicht das Interesse an den in- und externen Querelen der einzelnen kleinasiatischen Gemeinden und den Versuchen des Paulus, diese zu kitten.
Insgesamt ist das Buch durchaus zu empfehlen, denn es erfüllt seine Aufgabe, Kindern Jesus auf der Basis der historischen Hintergründe biblischer Erzählungen näher zu bringen. Ganz unkritisch sollte man es aber nicht sehen und deshalb mit den Kindern gemeinsam lesen und betrachten.