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Christoph Marzi ist seit seiner "Lycidas"-Trilogie sehr vielen Fantasy-Anhängern ein Begriff. "Malfuria" ist der Auftakt zu einer weiteren Trilogie aus seiner Feder, diesmal aber auf Jugendliche und Erwachsene gemünzt.
Catalina lebt in einem Barcelona, das dem uns bekannten zwar ähnelt, aber sich in ebenso vielen Punkten unterscheidet. Sie wurde vor Jahren nach dem Tod ihres Vaters von ihrer Mutter beim Kartenmacher von Barcelona untergebracht. Hier soll sie lernen, wunderbare und höchst akkurate Karten der Welt anzufertigen, während die Mutter spurlos verschwindet. Die Jahre gehen ins Land und Catalina wird immer besser. Doch die Idylle trügt, denn Catalina weiß nicht viel über ihre Mutter, und noch weniger weiß sie über das geheime und gefährliche Talent, das in ihr selbst schlummert.
Jordi hingegen ist der Lichterjunge von Barcelona. Zusammen mit seinem gewalttätigen Vater muss er dafür sorgen, dass der Leuchtturm immer leuchtet, da sonst die Schiffe ohne Leitung des Nachts verloren sind. Doch während er in der Kuppel steht, macht er eines Tages eine gespenstische Entdeckung: Ein Schiff
schwebt vorbei, dunkel wirkt es, düster und bedrohlich. Die "Medusa", so erfährt er, war früher das Flaggschiff der Hexenjäger, doch warum ist sie nun wieder aufgetaucht? Es gibt doch keine Hexen mehr? Aber das ist zunächst nicht Jordis Problem, spontan flieht er vor seinem brutalen Vater in die Nacht von Barcelona
Auch für Catalina ändert diese Nacht alles: Der Kartenmacher erklärt ihr, dass sie sich in höchster Gefahr befindet, seit die Medusa in Barcelona ankert. Auch erzählt er ihr etwas Neues über ihre Mutter: Sie konnte lebendige Karten zeichnen. Noch mehr will er ihr erzählen, doch so weit kommt es nicht. Mysteriöse Schattenmänner in Harlekinform fallen über die Stadt her, leise und schleichend, aber dafür umso bedrohlicher. Sie wirken wie lebende Schatten und gebieten über das Halbdunkel, denn überall, wo Licht ist, ist auch Schatten. Catalina muss fliehen, dabei trifft sie auf Jordi, der ihr hilft. Die beiden Kinder versuchen gemeinsam, Hilfe und Antworten auf ihre viele Fragen zu finden. Dabei treffen sie neue Freunde ebenso wie bedrohliche Feinde, während die Hexenjäger Catalina jagen, sie ihre verborgene Gabe und den Fluch, der darauf lastet, entdeckt und ganz neue Seiten über ihre Familie erfährt, die sie möglicherweise lieber niemals gewusst hätte
Schnell ist der Roman in voller Fahrt angekommen, die Ereignisse überschlagen sich immer wieder von neuem. Dabei entdeckt der Leser langsam die Unterschiede zwischen der beschriebenen Welt und unserer vertrauten. Die Welt scheint zeitlos zu sein, manche Sachen dürften auf junge Leser von heute altertümlich wirken, wieder andere ganz neuartig. So wird eine spannende Mischung geschaffen, die ihr Übriges zu der fantastischen Atmosphäre des Romans tut.
Doch Spannung durch Geschwindigkeit sollte man nicht mit Spannung durch Handlung verwechseln. Zum Beispiel die erste Begegnung Catalinas mit den Schatten wird viel zu lange erzählt. Ein paar Seiten weniger hätten hier der Beschreibung keinen Abbruch getan, aber verhindert, dass der Leser mitten in einer Verfolgungsjagd schon mal ein paar Seiten weiter schielt, um abzuschätzen, wie lange das denn noch so weiter geht. Die einzelnen Charaktere bleiben zu flach, der Autor gönnt ihnen kaum Raum zur Entfaltung. Das liegt zum Teil natürlich auch daran, dass gegen Ende mehrere neue Charaktere auftauchen und der Raum für eine ausführliche Einführung wohl zu knapp wurde.
Nicht nur für die Charakterentwicklung wurde der Platz knapp: Das Buch endet mit einem furchtbar gemeinen Cliffhanger. Gerade wurde die erste "Schlacht" geschlagen, das erste Showdown ist also überstanden, doch es geht sofort weiter mit dem Abenteuer. Das erlebt der Leser noch mit, doch dann entschwinden Catalina und Jordi alleine in eine unbekannte Zukunft und der Leser wird fallen gelassen, sofern er nicht sofort den zweiten Band an der Hand hat und nahtlos weiter lesen kann. Hier wirkt es wirklich, als wären aus einem Buch zwei gemacht worden, um erstens eine weitere der im Fantasy-Sektor so beliebten Trilogien zu veröffentlichen und zweitens so auch die Verkaufszahlen zu steigern. Doch dies ist wohl eher dem Verlag geschuldet als dem Autor persönlich
Die Idee des Autors, eine uralte Macht, nämlich die Hexen, sozusagen zu neuem Leben zu erwecken und das alles auch noch in einer ungewöhnlichen Art und Weise in einem Kind, ist ein sehr spannender Ansatz. Allerdings bleibt beim Leser der schale Nachgeschmack, dass das Potenzial des Autors größer ist als die hier gezeigte Leistung. Aber trotzdem wird man wohl, nachdem man mit der Lektüre des ersten Buches fertig ist, so schnell wie möglich zum zweiten Band greifen. Natürlich möchte man wissen, wie die Geschichte weitergeht, aber ebenso spannend ist die Frage, ob Christoph Marzi das Ruder nochmal rum- und den Leser mitreißen kann.
Das Buch ist eher für Jugendliche als für Kinder geeignet, da die Handlung doch ziemlich vielschichtig ist. Auch ist bei älteren Kindern die Chance höher, dass sie mit den - teilweise für sich sprechenden - spanischen Straßen- oder Eigennamen etwas anfangen können. Leser, die die "Lycidas"-Trilogie begeistert verschlungen haben, sollten vorsichtig sein und sich auf etwas komplett Neues einlassen können. Man sollte diese Bücher nicht vergleichen und sich ohne Erwartungen, etwas ähnlich Anspruchsvolles in die Hände zu kriegen, an die Lektüre machen. Losgelöst von Erwartungen schafft es auch "Malfuria" durch besondere Einfälle zu überraschen und zu fesseln.