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Als hätte das Schicksal einen besonders fiesen Sinn für unpassende Momente: Ausgerechnet an seinem vierzigsten Geburtstag steht Piet am Grab eines seiner besten Freunde, gemeinsam mit den vier anderen übrig gebliebenen "Kirschkernspuckern" - so haben sie sich als Kinder genannt. Piet erinnert sich zurück an die letzten vierzig Jahre mit seinen besten Freunden.
Die Kirschkernspucker, das sind Bernhard, Dilbert, Susan, Sven, Petra und eben Piet. Sie alle sind völlig unterschiedlich, aber verbunden durch eine enge Freundschaft. Der gutaussehende Dilbert, von allen nur Dille genannt, ist der Klassenclown und Draufgänger bei den Mädchen. Bernhard ist still, hochintelligent und wissbegierig und kommt aus katastrophalen Familienverhältnissen. Susan schwärmt seit Kindertagen heimlich für Piet. Die hübsche Petra tut alles, um nicht als Mädchen erkannt zu werden und benimmt sich möglichst rüpelhaft. Sven, Piets bester Freund, leidet seit frühester Kindheit darunter, dass sein Vater die Familie verlassen hat. Und Piet ist eben Piet ?
Der Autor lässt Piet und die anderen Kirschkernspucker berichten von der Schulzeit, von der ersten Liebe, von wilden Partyzeiten, von Zerwürfnissen, Eheversprechungen, Streitigkeiten und eben vom Tod eines der Freunde, der quasi als Rahmenhandlung am Anfang und am Ende dieses kleinen Romans steht.
Die Anekdoten und Erinnerungen, die Autor Gernot Gricksch hier in dieser fiktiven Biografie erzählt, sind zwar allesamt nicht besonders spektakulär, aber dafür lebensecht und liebevoll gezeichnet, so dass man den Roman eigentlich in einem Rutsch durchlesen möchte.
Der Blick auf die sechziger, siebziger, achtziger und neunziger Jahre macht einfach Spaß, weil Gricksch hier typische Dinge ausgräbt, die jeder irgendwie miterlebt hat, sei es selbst oder durch die Eltern - der Einzug von Videorekorder und Mikrowelle in deutsche Haushalte. Der erste Kuss, der erste Engtanz im Jugendclub zu "Lady in Black". Die nach Patschouli riechenden Palästinensertuch-Träger auf den AKW-Demos. Dabei bemüht Gricksch zwar das eine oder andere Klischee, aber trotzdem ist alles irgendwie nett und unterhaltsam. Bei allem Witz und aller locker-leichten Sprache sind manche Passagen auch melancholisch und traurig. Bis zum Ende weiß der Leser nicht, welcher von Piets Freunden am Ende stirbt. Die Auflösung ist gut gelungen, wenn auch bitter.
"Die denkwürdige Geschichte der Kirschkernspuckerbande" bietet auf 352 Seiten gute Unterhaltung mit liebevoll ausgearbeiteten Figuren. Allzu viel Tiefgang gibt es nicht, aber gerade das macht das Buch so zugänglich, weil es von einigen typisch deutschen Lebenswegen berichtet. Was sich hier zuträgt, ist einfach wunderbar alltäglich, so dass sich wohl jeder Leser mit wenigstens einer der Figuren identifizieren kann. Witzig, nostalgisch und schön - ein lesenswertes Buch, das sich auch als Urlaubslektüre gut eignet.