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Worum es in Susanne FritzÂ’ Roman "Heimarbeit" geht, ist nicht leicht zu beschreiben. In vierzehn lose zusammenhängenden Teilen wird etwas erzählt. Aber was?
Es geht um einen surrealen, namenlosen Ort, von dem ein Erzähler berichtet. Tod und Freitod sind zentrale Themen und werden immer wieder aufgegriffen, denn an diesem namenlosen Ort geht eine außergewöhnlich hohe Zahl an Menschen freiwillig in den Tod. Aber nicht nur das, der Freitod wird zudem sehr individuell inszeniert. Und auf der GROSSEN LEINWAND können schließlich alle Bewohner ihr Leben und den Tod der anderen bewundern und begaffen. Und während man in einem Teil des Buches von einem Mädchen liest, das sich mit einem Apparat umbringt, den ihr Vater ursprünglich für seinen eigenen Suizid konzipiert hatte, liest man in einem anderen Teil von einem großen schwarzen Hund, vor dem alle Kinder Angst haben, dessen Freund sie aber zugleich sein wollen. Nur Heinricht, der allen wissenschaftlichen Prognosen zum Trotz lebt, will trotz Krankheit weiterleben und macht sich auf eine Reise in den Süden.
"Roman" steht unter dem Titel des Buches von Susanne Fritz, das auf jeden Fall den Zusatz "experimentell" verdient. Denn dies ist kein Roman im klassischen Sinne. Schon der Erzähler ist nicht zu fassen: ein Ich-Erzähler, der ein ums andere Mal in der personalen Perspektive untergeht. Aber nicht nur der Erzähler, auch der Text ist nicht leicht zu greifen. Es geht nicht um eine Person, die wir als Leser begleiten. Es geht nicht um den Ort, den wir als Leser kennenlernen sollen. Das ganze wirkt wie eine Parabel, bloß dass die Prämisse der Autorin nicht direkt zu erkennen ist. Wer also gerne Texte liest, um einen versteckten Sinn darin zu entdecken, wird hier sicher viel zu entdecken haben. Wer aber gerne Geschichten liest, um Menschen und Orte kennenzulernen, um in fremde Lebensgeschichten einzutauchen und um unterhalten zu werden, sollte von "Heimarbeit" tunlichst die Finger lassen.
Im engeren Sinn gibt es hier keine Geschichte. Es gibt viele lose zusammenhängende Stücke, denen vielleicht ein gewisses Maß an Poesie innewohnt, denn Susanne Fritz schreibt durchaus sprachgewaltig. Aber auch Sprachgewalt ist Geschmackssache und Texte, die allein davon getragen werden, erst recht. Zwischendurch fragt man sich deshalb, ob es sich hier um das vielleicht typisch deutsche Phänomen handelt, nur keine unterhaltsame Literatur schreiben zu wollen, da alles Unterhaltsame in die Schmuddelecke von Rosamundes Trivialliteratur gehört. Diesen Vorwurf bekommt Susanne Fritz sicher nicht zu hören. Man kann in ihr Buch recht viel hinein interpretieren, wenn man der Langeweile, die durchaus aufkommt, trotzt. Aber seien wir doch mal ehrlich: Wer will der Langeweile trotzen und sich durch ein Buch kämpfen, wenn er viele andere spannende, unterhaltsame und durchaus gut geschriebene Bücher zur Auswahl hat? Richtig, niemand! Es gibt aber in "Heimarbeit" durchaus schöne Sätze, schöne Ideen, schöne Gedanken. Aber die tragen diesen "Roman" nicht und wären in Kurzgeschichten oder auch Gedichten wohl besser aufgehoben gewesen.